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Herzlich willkommen!

Als AfD-Landtagsfraktionspressesprecher und Freier Journalist für konservative Medien blogge ich unregelmäßig Betrachtungen zu Interessantem und Wissenswertem aus politischer und Alltagskultur. Ich schreibe regelmäßig für „Zuerst“ und habe unter dem Titel „Negerkuss und Nazistuss“ eine eigene Kolumne beim Tumult-Blog.

Als Bildungsbürger kommentiere/rezensiere ich vielerlei kulturelle Phänomene – vom Roman über den Musikergeburtstag bis zum Regisseurstod.

Als Dozent und Mitglied im Landesfachausschuss Bildung informiere ich Sie auf meiner Webpräsenz auch über meine Aktivitäten rings um die Themenkreise Hochschule, Wissenschaft, Medien und Kultur.

Und als Mensch lasse ich Sie gern an meinen freizeitlichen Aktivitäten teilhaben, zu denen nicht zuletzt Kochen gehört 😉

Warum gerade Betrachtungen?

Ich empfinde dieses Genre – eine Meinungsdarstellungsform übrigens – als eins der zeitgemäßen schlechthin.

Eine Betrachtung soll durch Beschreibungen und Schilderungen, Vergleiche und Annäherungen bis hin zur Analyse einem Ereignis, einer Situation, einem Gegenstand oder auch einem (gesellschafts-) politischen Problem Individualität verleihen: Recherche darf in gewissem Maße substitutiert werden durch Subjektivität.

Die Betrachtung ist durchaus mit derselben eines Kunstwerks in einer Ausstellung vergleichbar: man wählt zunächst die Gesamtschau und wechselt dann zu einzelnen Aspekten.

Dabei ist dem Genre eigen, dass die Prioritäten dieser Aspekte oft im Vagen bleiben: aus der Betrachtung erwächst ein Gedanke, der das formale Ziel darstellt.

Der Gegenstand darf dabei Randerscheinung eines größeren Zusammenhangs bleiben: „die Bedeutung des Unbeachteten birgt den Kern ihrer Aussage“ (Degen 2004).

Viel Spass beim Lesen – und natürlich beim Kommentieren!

Seicht statt leicht

„Komplexität“ ist seit geraumer Zeit einer der beliebtesten Managementbegriffe, der von der Politik okkupiert und missbraucht worden ist. Sie und erst recht ihre Behauptung gilt als hervorstechendstes Distinktionsmerkmal gegenüber dem „Plebs“, der weder Entscheidungsfindung noch Entscheidung oder gar Entscheidungsbegründung aufgrund seiner beschränkten Einsicht nachvollziehen könne, weshalb sie ihn einerseits als „unterkomplex“ diffamiert und andererseits komplexitätsreduzierende Aussagen als links- und erst recht rechtspopulistisch geißelt: Laut dem Theologen Elmar Salmann ist das Erstarken der AfD auf die zunehmende Komplexität der Gesellschaft zurückzuführen. Die Partei gäbe „einfache Antworten“, so der Konstanzer Jugendforscher Kilian Hampel im NDR, sie gebe vor, „dass große Probleme einfach lösbar sind“, meint auch die Berliner Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach im Spiegel.

Gerade von rechter Seite würden unerwünschte kulturelle, religiöse, soziale oder sprachliche Feindbilder ausgeschlossen werden, aus einem „Wir sind das Volk“ werde ein exkludierendes „Nur wir sind das Volk“: Populismus richte sich also nicht nur gegen eine abgegrenzte Elite, sondern schließe auch Diversität und Vielfalt aus, behauptet Christian Scharun im DLF. „Die Politik ist mit der Komplexität der Ökonomie oft überfordert und erschöpft sich daher in Populismus“, verallgemeinert dagegen Wolfgang Unterhuber im österreichischen Kurier. Nadja Kutscher sinnierte in der taz gar über einen „Mehrwert der Unterkomplexität“. Eine Welt, „die dauernd zweideutig schillert und oszilliert, bietet nicht die Orientierung, die Menschen zur Orientierung in ihrer Lebenswelt brauchen“, erkennt auch Wolfgang Vögele auf theomag. „Vermutlich kommt niemand ohne ein paar Bausteine der Eindeutigkeit – und seien es Hypothesen, Werte, Gewissheiten – aus, um sich in Lebenswelt, Politik und Gesellschaft zurechtzufinden. Dauerrelativismus zerstört auf die Dauer den intellektuellen Gleichgewichtssinn.“ Erst recht, wenn große Probleme auch nicht kompliziert, sondern gar nicht gelöst werden, möchte man aktuell ergänzen.

Insofern ist  „Komplexitätsreduktion“ für jede, nicht nur ökonomische, Entscheidung unabdingbar: „Die wirkliche Umwelt ist zu groß, zu komplex und zu sehr im Fluss befindlich, um Menschen direkt zugänglich zu sein“, wusste schon 1922 der Nestor der amerikanischen Zeitungswissenschaft, Walter Lippmann. Ein Autobauer wird keine pharmazeutische Fachzeitschrift lesen, um bessere Verbrenner zu entwickeln. Will hießen: Beim Benutzen eines technischen Geräts, beim Erstellen eines naturwissenschaftlichen Modells, bei der Übersetzung zwischen Sprachen, bei der Analyse historischer Entwicklungen oder beim Erfassen komplexer Sachverhalte werden Ambiguitäten, Unsicherheiten und Widersprüche methodisch durch verschiedene Prinzipien der Komplexitätsreduzierung weitgehend ausgeklammert, um zu validen Ergebnissen zu kommen; Thomas Bauer führte 2018 den Begriff der „Ambiguitätszähmung“ ein. Komplexitätsreduktion ist also grundsätzlich eine „Verkürzung“ und mit Informationsverlust verbunden, der in Kauf genommen, ja begrüßt wird.

Wir stellen also zunächst fest: es gibt gute und böse Komplexität, und es gibt richtige und falsche Komplexitätsreduktionen, erst recht Komplexitätsreduktoren. Denn was Diversität und Vielfalt inkludiert, muss zwangsläufig auch komplexitätsreduzierend sein, um allen gerecht – und von allen verstanden – zu werden: Reduktion und Simplifikation gehen als Filterinstanzen Hand in Hand. Und eine – selbstredend „richtige“ – sprachliche Reduktion, der seit 2020 gar ein eigener Gedenktag am 28. Mai gewidmet ist, treibt seit diesem Jahr mehr als seltsame Blüten: das Phänomen „Leichte Sprache“, ein Amalgam aus moralistischer Politik und linguistischer Trivialität, wobei die Häufung dieses Phänomens im Jahr entscheidender Landtagswahlen und auch der Pariser Paralympics auffällt.

Laut einer Studie der Barmer Ersatzkasse ist in Deutschland inzwischen bei jedem achten Kind die Sprachentwicklung gestört. Damit korreliert, dass laut der LEO-Studie 2018 etwa 17 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 18 und 64 Jahren auf Vierte-Klasse-Niveau oder schlechter lesen und schreiben. Die Gründe dafür sind vielfältig: Menschen mit Migrationshintergrund, bildungsferne Menschen oder komplette Bildungsverlierer, Menschen mit Beeinträchtigungen wie Hör-, Lese- oder Lernschwächen oder auch Krankheiten wie etwa einem Schlaganfall oder gar beginnender Demenz. An diese heterogene, ja disparate Gruppe richtet sich die linguistische Adaption unserer Hoch- oder Standardsprache, die den Unterschied zwischen Mittel und Zweck einebnet.

Einfache oder Leichte Sprache

Denn diesen Bürgern sei verwehrt, was der inzwischen institutionalisierte Begriff der „Teilhabe“ beschreibt: „Mithilfe verständlicher Texte könnten Menschen entscheiden, welche Partei sie wählen, bei welchem Verein sie mitmachen oder welches Essen sie bestellen wollen“, wird die Lebenshilfe Bremen im DLF zitiert. Leichte Sprache soll also Teilhabe ermöglichen, indem Texte so vereinfacht werden, dass Menschen mit sozialen und/oder kognitiven Defiziten sie lesen und verstehen können. So bekommen sie Zugang zu Informationen, auf denen Selbstbestimmung sowie politische und gesellschaftliche Partizipation gründen kann: Nicht der Mensch muss sich an die Gegebenheiten anpassen, sondern diese an ihn. „So einfach wie nötig und so verständlich wie möglich“: Das sei die Faustregel für Leichte Sprache, sagt die Kölner Sprachwissenschaftlerin Bettina Bock im DLF. Informationen verständlich und zugänglich zu machen, unabhängig von den individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen der Leser, sei „wichtig, sinnvoll und hilfreich für Millionen Menschen“.

Dabei muss nochmals zwischen Einfacher und Leichter Sprache differenziert werden. Einfache Sprache ist eine sprachlich vereinfachte Version der Standardsprache und hat einen größeren Wortschatz als die Leichte Sprache, die einen noch geringeren Schwierigkeitsgrad und ein festes Regelwerk hat, das durch das „Netzwerk Leichte Sprache“ mit Unterstützung des Bundesarbeitsministeriums formuliert wurde – einem Verein, dem Übersetzer, Linguisten und Politiker aus acht Ländern angehören. In dieser Sprache werden Fachwörter erklärt, Bebilderungen genutzt und besonders lange Wörter mit einem Strich oder Punkt getrennt. Verboten sind lange Sätze, Passivkonstruktionen, Negationen, der Konjunktiv, der Genitiv. Die Satzstruktur soll einfach sein, Nebensätze dürfen nur ausnahmsweise vorkommen, aber nie eingeschoben sein. Und man soll Konkreta statt Abstrakta nutzen: Statt „Öffentlicher Nahverkehr“ eben „Bus“ oder „Bahn“. Wer sich beim Schreiben an diese Regeln hält und den Text anschließend von Angehörigen der Zielgruppe gegenlesen lässt, darf dafür das Siegel des Netzwerks verwenden. Selbst DIN ISO 24495-1 und DIN 8581-1 liefern inzwischen Richtlinien für das Verfassen leicht verständlicher Texte.

Das Ziel Leichter Sprache ist dabei nicht, abwechslungsreich zu sein, gesteht Übersetzerin Andrea Halbritter auf ihrem Blog cotelangues. Eine Frau etwa bleibt eine Frau und wird nicht plötzlich zur Dame, Seniorin, Verkäuferin, Nachbarin, Studentin oder Mittdreißigerin. Das Ziel von Leichter Sprache ist es auch nicht, sich gut anzuhören, weshalb sie kaum Präteritum, sondern Perfekt verwendet: Bei starken Verben kommt es oft zu einem Vokalwechsel. Und ein großes Problem – wie woke Prinzipien plötzlich kollidieren können – ist sowohl das Gendern, da komplizierte Satzzeichen mitten in Wörtern unverständlich wären, als auch das „diskriminierungssensible Sprechen“: viele Menschen wissen mit Anglizismen wie „Ableismus“ oder „People of Color“ nichts anzufangen.

„Texte setzen wenig Wissen voraus“

Mittlerweile finden sich leichte Texte auf vielen Unternehmensauftritten wie der Telekom, Behörden-Websites – wozu aber die Uni Erfurt einen Leichte-Sprache-Auftritt braucht, wüsste man schon gern –, auch schon in Wahlprogrammen und manchen Medien. Dabei zeigt die Telekom eher unfreiwillig, dass das hehre Gleichheitsziel „Wir wollen möglichst alle Menschen erreichen“, so Pressechef Philipp Schindera, zu weiterer ungewollter Diversität führt: Der Konzern will künftig „sieben Dimensionen“ in der Kommunikation berücksichtigen – neben körperlichen/mentalen Fähigkeiten sind das Alter, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und Geschlechtsidentität, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und soziale Herkunft. Und Mitte Juni nun startete nach dem SR oder dem DLF-Angebot nachrichtenleicht auch die Tagesschau eine tägliche Ausgabe in Leichter Sprache. Produziert vom NDR in Hamburg, wird sie um 19 Uhr auf tagesschau24 ausgestrahlt, kann aber ab 18 Uhr bereits im Internet und der Tagesschau-App sowie in der ARD-Mediathek und auf dem YouTube-Kanal der Tagesschau angesehen werden.

„Mit diesem neuen Nachrichtenangebot richten wir uns an ein für uns neues Publikum, dem wir somit auch einen Zugang zu gut recherchierten Informationen aus Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur und anderen Ländern ermöglichen wollen“, sagt ARD-aktuell-Chef Marcus Bornheim. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag, mit seinen Sendungen und Programmen allen Menschen ein Informationsangebot zu machen“, erklärt NDR-Intendant Joachim Knuth. „Dazu gehören auch diejenigen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz, die komplizierten Texten nicht immer folgen können oder die Deutsch nicht auf muttersprachlichem Niveau beherrschen.“ Die Themen der Sendungen stammen aus der regulären Tagesschau, und auch die Tagesschau in Einfacher Sprache wird im bekannten „blauen Studio“ mit den bekannten Sprechern produziert.

Die Sendungsinhalte werden aber anders aufbereitet, wie Bornheim erklärt: „Die Meldungen und Beiträge werden völlig neu formuliert. Die Texte setzen wenig Wissen voraus und werden langsamer gesprochen.“ Beim Texten in Einfacher Sprache gehe es nicht nur ums Übersetzen, wie von einer Sprache in die andere, ergänzt Projektleiterin Sonja Wielow. „Wir berücksichtigen auch kulturelle oder bildungsbedingte Herausforderungen, vor denen Menschen unserer Zielgruppe häufig stehen. Viele beschäftigen sich nämlich nicht mehr mit Nachrichten, weil sie sie nicht verstehen können. Deshalb erklären wir den Hintergrund einer Nachricht, bevor wir zur eigentlichen Neuigkeit kommen“. Das aber ist bei Internettexten inzwischen gang und gäbe.

Wie man sich das vorzustellen habe, illustriert die Sendungs-Website gleich mal mit einem Text, in dem die Premiere der Sendung angekündigt wird: „Von der tagesschau gibt es jetzt eine neue Sendung. Das Neue ist: Die Nachrichten sind in Einfacher Sprache. Die neue Sendung heißt: tagesschau in Einfacher Sprache. In der neuen Sendung werden die Nachrichten erklärt. Und auch schwierige Wörter werden erklärt. Die Texte werden langsam gesprochen. Die Nachrichten sind einfach zu verstehen. Viele Menschen finden Lernen nämlich schwer. Viele Menschen sprechen nicht so viel Deutsch. Und viele Menschen hören nicht gut. Die neue Sendung ist für alle. …“ Ja, das ist ernst gemeint.

„Minister für Geld“

Die von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention fordert zwar vollen Zugang zu Kommunikation und damit verbunden die Übersetzung von Texten in „einfache Sprache“ – konkrete Regeln sind hier aber nicht enthalten. Von wissenschaftlicher Seite wird kritisiert, dass die einzelnen Vorgaben des umfassenden Regelwerks der Leichten Sprache empirisch teils nicht oder nicht ausreichend belegt sind – beispielsweise zeigen Forschungsergebnisse, dass Nebensätze nicht pauschal schwer verständlich sind. Die Zielgruppen, die sich die Leichte Sprache auf die Fahnen schreibt, sind schlichtweg zu unterschiedlich, als dass einheitliche Regeln angebracht wären, bilanziert Kutscher. Die Kritik des Über-einen-Kamm-Scherens teilt auch Lisa Kräher in Übermedien: „Eine Person mit Lernbehinderung, deren Muttersprache Deutsch ist, braucht möglicherweise eine andere Nachrichtensprache als eine Person, deren Muttersprache nicht Deutsch ist“.

Bei den Betroffenen herrsche allerdings große Freude, sagte die Eichstätter Medienwissenschaftlerin Friederike Herrmann im SR-Podcast Medien – Cross und Quer. Sie leitet das Forschungsprojekt „Leichte und Einfache Sprache im Journalismus“ an der Katholischen Universität und befragt im Rahmen des Projekts Menschen mit Behinderung, Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben gelernt haben sowie Geflüchtete in qualitativen Studien. Dass nun die bekannteste deutsche Nachrichtensendung ein solches Angebot mache, sei unglaublich viel wert, denn diese „Leute werden alleine gelassen mit ihren Problemen“. Mit Blick auf die Gestaltung journalistischer Inhalte in sprachlich vereinfachter Form betonte Herrmann, dabei gehe es nicht ausschließlich um die Sprache. Eine große Rolle spiele die Erzählweise. Gerade bei Nachrichten gebe es das Problem, dass Einzelinformationen häufig nicht über einen Erzählstrang verbunden seien. „Man sollte also versuchen, Nachrichten erzählerischer zu gestalten.“ Sollte Journalismus zwangsliterarisiert werden müssen?

In den sozialen Medien löste das neue Angebot ambivalente Reaktionen aus. Die FR etwa zitiert User, die auf X von „Armutszeugnis“ und „Kinderfernsehen“ sprachen. Ein Nutzer erklärte demnach, „man wird schon ein wenig dümmer beim Zuhören“. Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie BVL bezweifelt der Zeitung zufolge, dass das Angebot hilfreich für Menschen mit Leseschwierigkeiten ist. Betroffene hätten bei Fernseh- und Radiobeiträgen kein Problem, die Inhalte zu verstehen, da sie in ihrer Auffassungsgabe nicht beeinträchtigt seien, erklärte BVL-Sprecherin Höinghaus. Die „Tagesschau in einfacher Sprache“ könne den Eindruck erwecken, dass ihre Zuschauerinnen und Zuschauer Bildungslücken hätten. „Nur, weil eine Person eine Leseschwäche hat, bedeutet das aber nicht, dass sie nicht weiß, was zum Beispiel ein Finanzminister ist“ – Christian Lindner (FDP) war kurzerhand als „Minister für Geld“ vorgestellt worden. Aber auch Journalisten wie Fajsz Deáky im Fränkischen Tag lästerten „Wir machen die Sprache im Fernsehen SO einfach, dass keiner mehr gescheit Deutsch sprechen können muss? Wir kauen den Leuten die Nachrichten einfach vor?“ und wird dafür prompt als behindertenfeindlich diffamiert – was erneut die unheilige Allianz von Moral und Politik beweist.

„Trau dich! Denk’ selber nach!“

Doch nicht genug damit: Nachdem in Frankreich der „Kiléma“-Verlag Übersetzungen von Hemingway oder Camus explizit für geistig Behinderte anbietet, gründete sich im April in Rösrath ein Verlag namens Aibo nach einem japanischen Roboterhund oder kurz für Artificial Intelligence Books, der binnen weniger Wochen „einen Kulturkampf ausgelöst“ hat, wie Paul Jandl in der NZZ feststellt. Er selbst arbeitete sich zunächst an einer „Übersetzung“ von Kants Essay „Was ist Aufklärung?“ ab, der original so beginnt: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschliessung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

Übersetzt liest sich die Passage so: „Unmündigkeit heißt abhängig. Hier heißt es: Wir denken nicht selber. Unsere Gedanken sind die von anderen. Oft haben wir nicht den Mut zum Selberdenken. Daran sind wir selbst schuld. Wir sind deshalb nicht dumm. Aber wir sind ein bisschen feige und unentschlossen. Das Motto der Aufklärung heißt: ‚Trau dich! Denk’ selber nach!‘“ Das ist kein Witz. Menschen mit Sprach- und Leseschwierigkeiten könnten so am deutschen „Allgemeinbildungskanon“ teilhaben, sagt Andreas Stobbe, einer der Aibo-Gründer, auf Anfrage der NZZ. Sein zweites Buch, mehr sind es glücklicherweise noch nicht, ist die Übersetzung von Theodor Fontanes „Effi Briest“, geschrieben Ende des 19. Jahrhunderts für das gebildete Publikum der Zeitschrift Deutsche Rundschau. Jandl trocken: „Von Literatur bleibt dabei kaum noch etwas übrig“.

Auch hier lohnt der Blick auf die Textanfänge: „In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herrenhauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mittagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schatten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang und dann über diesen hinaus auf ein großes, in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Canna indica und Rhabarberstauden besetztes Rondell warf.“ Die Übersetzung: „Die Sonne schien auf das alte Haus der Familie von Briest in Hohen-Cremmen. Es war Mittag. Auf der Dorfstraße war es ganz still. Ein Teil des Hauses warf einen Schatten. Der Schatten fiel auf einen Weg mit weißen und grünen Fliesen und auf einen runden Platz. In der Mitte des Platzes stand eine Sonnenuhr. Am Rand wuchsen Rhabarber und andere Pflanzen.“ Auch das ist kein Witz.

„kein Rhythmus, keine Fremdworte“

Das Szenische-Bewegte des Romanbeginns, in dem das Herrenhaus der Familie Briest im mittäglichen Sonnenschein beschrieben ist, wird durch „die banale Aufzählung sichtbarer Dinge ersetzt, die klingt wie die Beschreibung eines Bühnenbildes“, befindet Jandl. Sieben Sätze statt einem, kein Rhythmus, keine Fremdworte – kurz: „kein Fontane“, wütet Andreas Platthaus in der FAZ. „Herausgekommen ist Inhalt ohne Form, eine Erzählung, bei der vom neunzehnten Jahrhundert generell so wenig übrig bleibt wie von Fontane speziell … Ihr Verständnis von einfacher Sprache ist das eines Werkzeugs, um ihr Publikum so dumm zu machen wie sie selbst.“ Es sei „reine Handlung“, rechtfertigt das Stobbe, und das solle auch so sein. Das sei die Herabwürdigung einer zentralen intellektuellen Leistung, weil es eben nicht nur auf den reinen Inhalt ankomme, sondern auch auf die Form, meint dagegen Platthaus.

Er habe den Roman „wie mit einem Psychographen“ geschrieben, notiert Fontane im Frühjahr 1895. Von dieser Seelenkunde versteht die künstliche Intelligenz so gut wie nichts, setzt sich über atmosphärische Feinheiten des Originals hinweg, streicht Begriffe, in denen der Geist aus Fontanes 19. Jahrhundert wohnt, und lässt sich auf Metaphern gar nicht erst ein: Doppelsinn ist Gift für die KI. Im Verlagsprogramm sind für die nächste Zeit nur Bücher von Autoren eingeplant, deren Werke nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind, also kostenfrei vermarktet werden können. Was wird aus dem „Werther“, wenn man ihn seines sprachpsychologischen Mehrwerts beraubt, was aus den Märchen der Brüder Grimm und den Erzählungen Edgar Allan Poes, die alle auf der Liste stehen? An Gedichte Gottfried Benns oder an Prosa von Thomas Bernhard würde er sich aber nicht heranwagen, meint Stobbe. Wie tröstlich. Die ehrenwerte Londoner Times hat sich der Sache im Sommer leicht amüsiert auch angenommen. Der Text des Deutschlandkorrespondenten klingt, als wollte er sagen: Diese Probleme möchte man haben!

Das Literaturhaus Frankfurt hat einen eigenen Schwerpunkt Einfache Sprache. Unter dem schlichten Titel „Lies!“ sind zwei Bücher mit Texten deutscher Autoren erschienen. Die Texte sind eigens für Leser mit kognitiven Beeinträchtigungen geschrieben. Olga Grjasnowa, Kristof Magnusson, Arno Geiger, Sasha Marianna Salzmann, Nora Bossong und andere versuchen hier, ihre Idee von Literatur in kurze Sätze und leicht verständliche Geschichten zu packen. Es sind jeweils Geschichten, die ein Zugeständnis an die sprachliche Gestal­tung zur Grundlage ihres Entstehens haben und somit weiterhin bieten, was Literatur ausmacht: kombiniertes Form- und Inhaltsbewusstsein. „Was natürlich auch elitäre statt egalitäre Ziele haben kann“, meint Platthaus.

„Auf jeden Fall würde ich immer mit Brecht sagen, Literatur hat auch einen Gebrauchswert, und durch Reduktion ist schon immer gute Kunst entstanden“, meint der Frankfurter Projektleiter Hauke Hückstädt im DLF. Einfache Sprache ist Kunst, behauptet er und nennt als Vorbilder die Oulipoten, eine internationale Autorenvereinigung um Italo Calvino, Harry Mathews und Oskar Pastior, die sich strenge Regeln gesetzt hatte, um in der Sprache weiter voranzukommen. Das bekannteste Beispiel sei der Roman „Anton Voyls Fortgang“ von Perec (1969), der ohne den Buchstaben E auskommt. Ein wohl mehr als gewagter Vergleich. Ein „reizvolles Unternehmen“ erkennt Jandl, „das zusätzlich auch dem versierten Leser die Möglichkeit liefert, eigene Lesegewohnheiten zu überprüfen“. Während die Texte in „Lies!“ etwas ganz Essenzielles hätten, dampfe die KI ihren Fontane auf etwas ein, was sie mit Essenz verwechselt: „Was in der neuen ‚Effi Briest‘ steht, ist nicht das, was Fontane sagen wollte“.

„Analphabetismus als geheimes Bildungsziel“

Das Vorhaben, Menschen ohne ausreichende Sprachkenntnisse und geistig Behinderten den Zugang nicht nur zu behördlichen, sondern auch medialen Informationen, ja literarischen Texten zu erleichtern, läuft insofern Gefahr, sich unter der Hand zu einer neuen Norm zu wandeln, deren Regeln alsbald den durchschnittlichen Sprachstandard definieren könnten: „Leichte Sprache ist seichte Sprache“, dekretierte Konrad Paul Liessmann schon 2014. Suggeriert wird, dass Sprache nur der Übermittlung simpler Informationen dient. Liessmann ist unbedingt zuzustimmen, wenn er meint: „Dass in und mit Sprache gedacht und argumentiert, abgewogen und nuanciert, differenziert und artikuliert wird, dass es in einer Sprache so etwas wie Rhythmus, Stil, Schönheit und Komplexität als Sinn- und Bedeutungsträger gibt, wird schlicht unterschlagen oder als verzichtbares Privileg von Bildungseliten denunziert. … Und selbst wenn man die Sprache unter pragmatischen Gesichtspunkten sehen und als ‚praktisches Bewusstsein‘ deuten wollte – bedeutete eine stark vereinfachte Sprache nicht auch ein stark vereinfachtes Bewusstsein?“

Das Phänomen Leichte Sprache verweist somit auf gesellschaftliche Tiefenstrukturen nicht nur pädagogischer oder sozialer Provenienz, die nach dem Stellenwert von sprachlicher Bildung im Besondern und dem von Bildungsstandards im Allgemeinen fragt. „Bei allen Eingriffen in die Sprache sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es darum gehen sollte, Texte leichter verständlich und nicht leichter lesbar zu machen“ erklärt Julia Kuhlmann 2013. Die Welt besteht eben nicht nur aus Beipackzetteln oder Bedienungsanleitungen, schon gar nicht für sie selbst. Unter anderem diesem Phänomen wandten sich 2015 auch Clemens Knobloch und Friedemann Vogel unter sprachdemokratischer Perspektive zu und fragten: „Wäre es nicht womöglich lohnender, sich für eine umfassende Beherrschung ausgebauter sprachlicher Register stark zu machen, anstatt einer weiteren Primitivisierung des öffentlichen Sprechens das Wort zu reden?“

Sie verwiesen auf die Ambivalenz, dass Leichte Sprache einerseits Symbolpolitik von Eliten ist, die zwar ein Programm auflegen, das ihre Sorge um die Partizipationsmöglichkeiten der breiten Massen werbewirksam zur Schau stellt – das allerdings nicht am Status Quo ändert, „sieht man davon ab, dass ein politischer Propagandist der Leichten Sprache zu einer wunderbaren fiktiven moralischen Gemeinschaft gehört und reiche Imagegewinne für sich verbuchen kann“. Zum anderen impliziert diese Politik, dass „leichte Sprache nur eine technische Übersetzung ihres ‚komplizierten‘ Pendants [sei]. Aber ‚leichter‘ ist, wie die Perspektivität von Sprache lehrt, eben nicht nur ‚nicht schwer‘, sondern immer auch anders“.

Auch Liessmann warnte: „Dass durch solches Entgegenkommen, vor allem wenn es auch als Unterrichtsprinzip reüssieren sollte, Menschen systematisch daran gehindert werden, sich einer einigermaßen elaborierten Sprache bedienen zu können, dass sie dadurch von der literarischen Kultur ferngehalten werden, wird bei diesen wohlmeinenden Versuchen nicht weiter bedacht.“ Seit Fazit liest sich wahrlich dystopisch: „So wohltönend können die Reden der Bildungsreformer und ihrer politischen Adepten gar nicht sein, dass sich dahinter nicht jene Geistfeindlichkeit bemerkbar machte, die den Analphabetismus als geheimes Bildungsziel offenbart“. Wenn aber ganzen Generationen die Sprache als Träger des Bewusstseins und Instrument komplexen und kritischen Denkens genommen wird, wirft das ein beklemmendes Licht auf unsere Zukunft. Das Ausfüllen von Behördenformularen, das Lesen von Zeitungsartikeln oder das Verstehen von Wahlunterlagen ist da nur Tarnung, denn längst kritisieren „Experten“, dass es in Deutschland bisher keine klare und verpflichtende Gesetzgebung zum Thema Leichte Sprache gibt, erst recht keinen Rechtsanspruch im Alltag, etwa beim Arztbesuch, auf dem Amt oder in den Medien.

„Ein Trauerspiel“

Doch diese mit Volkspädagogik im Namen politischer Korrektheit getarnte Geistfeindlichkeit, gepaart mit einer lexikalischen und semantischen Engführung, ja Nivellierung, schafft sich zunehmend Raum im politisierten Sprachdiskurs, der auf diesem Blog bereits analysiert wurde. Nur drei jüngere Beispiele mögen diese geistfeindliche Engführung belegen. Zum ersten ersetzt der „Leitfaden für Mitarbeitende der Berliner Verwaltung zum diversitysensiblen Sprachgebrauch“ bestimmte Begriffe, etwa „Ausländer“ durch „Einwohnende ohne deutsche Staatsangehörigkeit“. Ausländer werde so „aus der Warte politischer Korrektheit stigmatisiert … Es soll vom Gebrauch ausgeschlossen werden, weil man die ihm innewohnende Perspektive auf das Herkunftsland nicht dulden möchte“, so Peter Eisenberg auf dem Online-Auftritt des Stifterverbands. Aber „wer einer Sprache Wörter nimmt oder aufzwingt, vergreift sich autoritär an ihrer Ausdruckskraft“.

Zum zweiten machte die FU Berlin in einer Pressemitteilung im Sommer auf eine Veröffentlichung des Neurolinguisten Bálint Forgács aufmerksam. Dessen im Fachmagazin Frontieres in Climate veröffentlichte Studie zeige, „dass die bisherige wissenschaftliche Kommunikation rund um den Klimawandel häufig missverstanden wird oder nicht die nötige Dringlichkeit vermittelt“. Die Sprache der Klimaforschenden (sic!) sei häufig euphemistisch und technisch-jargonhaft. Dies entspräche zwar den wissenschaftlichen Normen, doch die versteckten Implikationen erschwerten es Nicht-Experten, die Schwere der Klimakrise vollständig zu begreifen: Der Einsatz einer negativeren (z.B. „globale Überhitzung“, „globale Verbrennung“), aktiveren (z.B. „Klimazerstörung“, „Klimaselbstmord“), und direkteren Sprache (z.B. „Hochofeneffekt“) könnte die Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger dazu motivieren, effektiver zu handeln.

Alexander Grau fand im Cicero schon den Gedanken bemerkenswert, dass die aufdringliche Klimaberichterstattung in Medien und Politik noch nicht alarmistisch genug sei. Noch spannender fand er allerdings den Vorschlag des Sprachwissenschaftlers, ohnehin schon fragwürdige Wortprägungen wie „Kipppunkte“ durch noch reißerische Formulierungen wie „Metastasen“ zu ersetzen. „Klimawandel“ und „Klimaerwärmung“ sähe der Linguist gerne durch „Klimazerstörung“ und „Klimaselbstmord“ ersetzt, „globale Verbrennung“ durch „Überhitzung“. Das Klima, so der Autor im Originalartikel, verändere sich nicht, sondern werde zerstört, biologische Vielfalt gehe nicht verloren, sondern werde vernichtet. Ein entsprechender „medical framework“ könne wirkungsvollere politische Vorschläge ermöglichen als die derzeit vorherrschenden wissenschaftlichen, wirtschaftlichen oder ökologischen Rahmen.

Man könnte die Sache als Anzeichen des intellektuellen Zerfalls der Universitäten abtun, so Grau. „Doch hier geht es um mehr. Auf erfreulich ehrliche Art artikuliert sich hier eine zutiefst autoritäre und restriktive Geisteshaltung.“ Denn vollkommen ungeniert heißt es in der Pressemitteilung der FU, eine entsprechende Umstellung des Klima-Vokabulars könne „dazu beitragen, eine ehrliche Bewertung der notwendigen rechtlichen und regulatorischen Schritte zur Erhaltung der Lebensfähigkeit unseres Planeten zu fördern.“ Auf gut Deutsch: „Mittels Sprachpolitik sollen die Weichen gestellt werden, um rechtliche Maßnahmen, Verbote und Auflagen der Bevölkerung schmackhaft zu machen. Eine Konditionierung mittels Manipulation der Sprache. Und die Pressestelle einer (noch) halbwegs renommierten deutschen Universität präsentiert dergleichen mit erkennbarem Stolz und in schlimmstem Genderdeutsch. Ein Trauerspiel“, zeigt sich Grau erschüttert.

„numerische Analyse der Verletzungsgrade“

Und zum dritten hat die Neuauflage des Dudens tatsächlich ein „Diskriminierungsbarometer“ eingeführt – das, im Gegensatz zur Schweiz, in Deutschland kaum beachtet wurde. Seither trägt eine von der Redaktion auserkorene Gruppe an Wörtern den Zusatz „teilweise diskriminierend“, „häufig diskriminierend“, „stark diskriminierend“, „derb diskriminierend“ oder „vulgär diskriminierend“. Zum Beispiel „Fettsack“. Laut Duden-Redaktion ist das Wort im Jahr 2024 „derb diskriminierend“, in der vorherigen Ausgabe galt es noch schlicht als „derb“. „Flittchen“ ist neuerdings „häufig diskriminierend“, und „Eskimo“ schätzt die Redaktion als „teilweise diskriminierend“ ein. Das ist kein Witz. „Und schon tut sich ein Abgrund auf“, erregt sich Leonie C. Wagner in der NZZ. „Was, bitte schön, sollen ‚häufig‘ und ‚teilweise‘ bedeuten? Ein versteckter Hinweis darauf, dass es einen Unterschied macht, wer das Wort in den Mund nimmt? Oder verbirgt sich dahinter eine numerische Analyse der Verletzungsgrade?“

Seit wann ist messbar, wie stark Worte verletzen, fragt sie zu Recht. So werden „Schwuchtel“ und „Schlampe“ als „diskriminierend“ gewertet, aber „zwergwüchsig“ erhält den Zusatz „stark diskriminierend“ – sind „Schwuchtel“ und „Schlampe“ etwa weniger beleidigend? „Und wie soll man sich das vorstellen? Führt die Duden-Redaktion intern eine Excel-Tabelle zum vermeintlichen Verletzungsgrad von Schimpfwörtern? … Woher kommt das Verlangen, jedes Wort haargenau aufzudröseln, gegen andere Wörter abzugrenzen und aufzuwiegeln? Und woher der Größenwahn, das auf eine sinnvolle Weise leisten zu können?“ Grundlage für die Diskriminierungsskala ist laut Duden-Redaktion der Duden-Korpus, eine riesige Sammlung aus verschiedensten Textgattungen. Der Wortgebrauch werde analysiert und mit anderen Wörterbüchern verglichen. Die Redaktion spricht von einem „dynamischen Prozess“, der nie abgeschlossen sei.

Auch der Leiter des Hamburger Literaturhauses Rainer Moritz beschrieb in der FAZ die Absurditäten und die Willkür, welche die neue Skala mit sich bringt. Buschmann, Kümmeltürke oder Kanake gelten als diskriminierend, nicht jedoch Itaker und Hurenbock, wundert er sich und konstatiert überdies eine „Prüderielatte“. Neben dem Anfang des Jahres erschienenen „Vielfalt“-Duden, in dem hundert Begriffe erläutert werden, die meisten von ihnen sprachliche Protagonisten von Diskussionen rund um sensible Sprache, Inklusion und politische Korrektheit, ist dies bereits der zweite Fauxpas der Mannheimer. Natürlich kann Sprache verletzen, können Wörter heftige Gefühle auslösen, Menschen auf gemeinste Art abstempeln und erschüttern. Aber welcher Art und wie tief diese Verletzung ist, geschweige denn, welche Wörter diese auslösen können – all das passt in kein Duden-Label. Da hilft es auch nicht, immer mehr solcher Labels einzuführen.

Immer wieder muss man daran erinnern, dass die erste Maßnahme des Big Brother-Regimes in Orwells „1984“ der radikale Umbau der Sprache war, um das Volk am Denken zu hindern und fügsam zu machen. In einem lesenswerten Essay unter der Schlagzeile „Meinungsfreiheit als Gefahr“ hat dies Cicero-Vize Ralf Hanselle anhand aktueller Indizien nachgewiesen: Für die Offenbacher Philosophin Juliane Rebentisch verzerrt sich in Missy die Idee der Meinungsfreiheit „von einem demokratischen Grundbegriff zu einem rechtspopulistischen Kampfbegriff“. Für die Friedenpreisträgerin des deutschen Buchhandels Carolin Emcke ist Pro und Contra nur „eine Rahmung, in der unsere guten Ideen in eine falsche Balance zu den bösen Ideen gebracht“ würden, wie sie auf der re:publica erklärte und dazu aufrief, nicht mehr „in Pro- und Contra-Veranstaltungen zu gehen“. Und der Journalist René Martens schlug, angeregt von Rebentischs Interview, in einer Kolumne für den MDR vor, man möge das Wort „Meinungsfreiheit“ bitte zum „Unwort des Jahres“ küren. Auch das ist kein Witz. Vor diesem Hintergrund liest sich die Rede der grünen Kulturstaatsministerin Claudia Roth zur Eröffnung der Buchmesse 2024 wie Hohn: Bücher „befähigten uns, mündige Bürgerinnen und Bürger zu sein. Sie befördern Selbstbestimmung und das gelingende Zusammenleben in Vielfalt und im Respekt und der Anerkennung der Verschiedenheit.“

Aber angesichts profaner Erklärungen wie der von Paulina Fröhlich vom „Progressiven Zentrum Berlin“ im RBB, jemanden mache es in Zeiten von Taylor Swift „nicht zu einem besseren Menschen, Goethe zu kennen“, denn bei Gedichten etwa sei es „ziemlich egal“, ob jemand „moderne nigerianische oder klassische deutsche Verse“ kennt (!), erinnern wir uns lieber an ein 1972 entstandenes Gedicht von Jorge Luis Borges, hier übertragen von Gisbert Haefs:

„… Du, Sprache Deutschlands, bist dein größtes Werk:

die verflochtenen Liebschaften zusammen-

gesetzter Wörter, offene Vokale

und Laute, die noch den beflissenen

Hexameter des Griechen möglich machen,

und dein Raunen von Wäldern und Nächten. …“

Grünzertifizierte „Trusted Flagger“ sollen gegen „Hass und Hetze“ im Netz vorgehen, eine liberal definierte Kategorie „Sozialschädlichkeit“ gar ins Strafgesetzbuch gelangen. Wann kommen die Gulags?

Da aufgrund der sich hinziehenden Neuausrichtung des Tumult-Blogs meine Kolumne seit November noch nicht online ist, die Texte aber durchaus aktuell sind, publiziere ich sie zunächst hier.

„Ohne eindeutige Rechtsgrundlage, aber mit der eitlen Geste des Unterdrückungsapparats“, ärgert sich Fabian Nicolay auf achgut, wurden Anfang Oktober politische Instrumente offizialisiert, um gegen angeblich strafbare Inhalte in den sozialen Medien sowie der Realität vorzugehen. Zuerst verkündete freudig die Bundesnetzagentur, 1988 aus den Überbleibseln des Bundespostministeriums hervorgegangen, dass Deutschland mit der Meldestelle „REspect!“ ihren ersten „Trusted Flagger“ habe. Aufgabe dieser angeblich „vertrauenswürdigen Hinweisgeber“ sei es, das Internet auf „problematische Inhalte“ wie „terroristische Propaganda“ zu untersuchen und diese umgehend zu tilgen. Es handele sich dabei um die Umsetzung der von der EU verordneten „Digital Services Act“, also um die Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet. Wie immer, wenn Politiker etwas bemänteln wollen, greifen sie „auf Euphemismen und Neologismen zurück, um ihre hässliche Anmaßung zu verhübschen“, ärgert sich Nicolay: „Trusted Flagger“ klingt einfach besser als „Platzverweiser“, „Meinungsfilterer“, „Denunzianten“, „Löschexperten“ „Diskurskontrolleure“, „Zensurbeauftragte“. Den „Sound eines Entsorgungs-Dienstleisters“ erkennt Andreas Rosenfelder in der WELT.

Eine politische Kultur aber, die vertrauenswürdige Fahnenträger benötigt, „riecht verdächtig nach Personenkult, Aufmarsch und Parade, Winkelement mit gesinnungsstaatlichem Ornament, Führung und Verehrung, Choreografie der Massen“, ärgert sich Nicolay und schreibt von der „Skelettierung der Debattenkultur“, ja der „Stummschaltung von Herrschaftskritik“. Einen Angriff auf die Meinungsfreiheit erkennt auch Beatrice Achterberg in der NZZ. Hintergrund: Digitale Plattformen wie Facebook, Instagram, Youtube und X (vormals Twitter) sind laut EU-Gesetz verpflichtet, Meldungen von sogenannten „Trusted Flaggern“ vorrangig zu behandeln und „unverzüglich Maßnahmen“ zu ergreifen. Das wäre schon für sich genommen riskant, selbst wenn es sich ausschließlich um illegale Inhalte handeln würde. Doch der grüne Habeck-Intimus Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, sprach nicht nur von Terrorpropaganda, sondern auch von „Hass“ und „Fake-News“. Doch darunter kann vieles fallen: „So unschön Hass ist, er ist nicht verboten. Falsch informiert zu sein, ist ebenfalls nicht verboten. Diese Schwammigkeit ist ein Einfallstor für staatliche Zensur“, meint Achterberg.

Solche Meldeportale widersprechen dem Grundgesetz, das Zensur verbietet. Nur Gerichte dürfen entscheiden, welche Aussagen strafbar sind und welche nicht – für Anzeigen wegen Beleidigungen oder Verleumdung ist die Polizei zuständig. Genau diese rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit droht außer Kraft gesetzt zu werden: Der Weg zwischen Prüfung und Löschung von Hassinhalten wird „verkürzt“, freut sich im SWR Petra Densborn, Vorstandsvorsitzende der Jugendstiftung Baden-Württemberg, zu der die Meldestelle als Teil des Demokratiezentrums Baden-Württemberg gehört. „Was uns sehr wichtig ist: dass wir den Prozess beschleunigen können und die Plattformen schneller reagieren müssen, wenn strafrechtlich relevante Inhalte gemeldet werden“. Will heißen: Über die strafrechtliche Relevanz entscheiden eben keine Gerichte mehr. Und: Bei den Trusted Flaggern handelt es sich nochmal nicht um vertrauensvolle Hinweisgeber, wie der Begriff nahelegt – sondern um Privatpersonen, die bei staatlich geförderten Organisationen arbeiten. „REspect!“ etwa wird indirekt vom grünen Bundesfamilienministerium finanziert – ein Verein, gegen den man nicht verwaltungsgerichtlich klagen kann.

Wie die aktivistischen Mitarbeiter – REspect-Chef Ahmed Gaafar ist Islamwissenschaftler – mit eingereichten Inhalten umgehen, die „Hass und Hetze“ oder „Desinformation“ gegen grüne Politiker oder grün besetzte Ministerien enthalten, lässt sich da leicht erahnen. Meldestellen, die unter dem Vorwand der vermeintlich wohlgesinnten Zivilgesellschaft gegen Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorgehen, sind nichts anderes staatlich geförderte Zensurapparate – einen „Vorstoß zum staatlich gelenkten Schutz der Demokratie“ erkennt Nicolay, der „vertrauenswürdige Hinweisgeber“ stelle sich schnell als „regierungstreuer Denunziant“ dar: „Der Digital Services Act DSA entpuppt sich zunehmend als Brüssels Ermächtigungsgesetz zur Einhegung unbequemer Demokratie statt zu ihrer Bewahrung und Förderung.“ Denn dass der DSA Anreize für ein sogenanntes „Overblocking“ setzt, also nahelegt, „eher ein bisschen zu viel als ein bisschen zu wenig zu löschen“, muss selbst Götz Hamann in der ZEIT zugeben. „Ein weiteres Beispiel dafür, wie die Freiheit zentimeterweise stirbt“, ärgert sich der Staatsrechtler Volker Boehme-Nessler im Cicero. Die Regierung gehe nicht den rationalen, sondern den „repressiven Weg“, indem sie das politische Strafrecht verschärft.

„Aufforderung zur Denunziation“

Die Bundesnetzagentur samt Chef Müller sind zuletzt vor allem im Zusammenhang mit der Energiewende präsent gewesen. Die Behörde ist nämlich für sehr unterschiedliche Netze zuständig, etwa für die deutschen Stromnetze, das Telefonnetz, den Zugang zum Schienennetz und die Marktregulierung der Postanbieter. In dem riesigen Gebilde sitzt auch der Digital Services Coordinator, der die Zulassungen an die Trusted Flagger erteilt – zurzeit demnach Müller. Und der hat den Anwendungsbereich weiter gefasst als „nur“ gegen illegale Inhalte, gegen die sich die Digital Services Act eigentlich richtet. Sie trat im November 2022 in Kraft und gilt in Deutschland unmittelbar. Bürgern wird ein „besserer Schutz ihrer Grundrechte“ versprochen, Anbietern Rechtssicherheit und EU-weit einheitliche Regeln. Auch „der Gesellschaft insgesamt“ wird etwas versprochen: strengere „demokratische Kontrolle“ und Aufsicht über Plattformen, Minderung von Risiken wie Manipulation oder Desinformation.

„Illegale Inhalte, Hass und Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden. Das hilft, das Internet sicherer zu machen“, sagt Müller in einer Erklärung – und stößt damit auf Widerstand bei Juristen. „Die Aussage von Müller ist verfassungswidrig“, sagt etwa Boehme-Nessler der NZZ. „Hass und Hetze sind großteils erlaubt, soweit sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, ebenso Fake News.“ Sogar verfassungswidrige Meinungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt, wie das Bundesverfassungsgericht klargestellt habe. Das Vorgehen passe in die Einschüchterungspolitik der Bundesregierung im Bereich der Meinungsfreiheit. „Das ist eine Aufforderung zur Denunziation“, so Boehme-Nessler. „Dafür wurden wir stark kritisiert und haben präzisiert, was damit gemeint war: illegale Inhalte, illegale Hassrede, illegale Fake News“, rechtfertigt sich Müller in einem seltsam mäandernden Interview in der WELT.

Was bisher privatwirtschaftlichen Unternehmungen überlassen wurde, soll ab sofort also einen staatlich-offiziellen Rahmen bekommen. Die Bundesnetzagentur hatte dazu bereits im Mai dieses Jahres einen vielsagenden Leitfaden herausgegeben, mit dem die Anforderungen an „Trusted Flagger“ festgelegt werden – als zertifizierte Meldestellen, die nicht nur Denunziationen von Nutzern annehmen, sondern selbst auch aktiv das Netz auf Missverhalten durchsuchen und Löschungen delegieren. Der „Leitfaden zur Zertifizierung als Trusted Flagger gemäß Artikel 22 Digital Services Act“ gibt an, es ginge um „überwachen“ und „aufspüren“. Es werden auch Schulungen vorgeschlagen, „um ihr Verständnis für technische Werkzeuge und die Überwachung der Plattform zu verbessern.“ Strukturen und Methoden einer professionalisierten Zensurindustrie werden hier im großen Stil angeleitet. Was Regierung und Staatsanwalt aber als Hass und Hetze bezeichnen, „ist in vielen Fällen nicht demokratiefeindlich, sondern Machtkritik, ohne die es keine Demokratie geben kann“, so Boehme-Nessler. „Wie sich das mit dem Grundgesetz verträgt, ist das Geheimnis der Ampel-Regierung.“

„Rolle eines Schlüsseldokuments“

Laut dem Leitfaden können auch solche Inhalte geprüft, gemeldet und entfernt werden, die „negative Auswirkungen auf den zivilen Diskurs oder Wahlen“ haben. Unter einem Unterpunkt wird konkretisiert, dass das etwa „Ausländische Informationsmanipulation und Einmischung“ betreffen würde. Doch wer trifft diese Entscheidungen – wer bestimmt, ob ein Inhalt Wahlen oder Diskussionen beeinflusst? Eine Antwort liefert der Leitfaden nicht. Wie problematisch sich diese Unschärfe auswirken kann, zeigt ein Fall des bayrischen Verfassungsschutzes. Dieser musste kürzlich seinen eigenen Bericht korrigieren, da er fälschlicherweise mehreren Medienmarken die Verbreitung „russischer Narrative“ unterstellt hatte. Das Beispiel zeigt, dass Behörden im Kampf gegen ausländische Informationsmanipulation durchaus irren können. Dass die Mitarbeiter von Meldestellen nicht ähnlichen Fehleinschätzungen unterliegen würden wie der Verfassungsschutz, ist fraglich. Der Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner schrieb auf X über den Leitfaden: „Wenn man später einmal den Niedergang der Meinungsfreiheit in Deutschland und den Einstieg in den Zensurstaat rekonstruieren will“, werde dem Leitfaden zu den Trusted Flaggern „die Rolle eines Schlüsseldokuments zukommen“.

Ein vorschnell gelöschter Inhalt käme nämlich einer Zensur im Internet gleich. Es läge dann am Nutzer, den Rechtsweg zu beschreiten – wofür er Ressourcen braucht. „Es geht hier um Säuberung des Internets, und das ist ein Problem“, sagt Boehme-Nessler. Und ein Problem sei auch, „dass Privatpersonen für eine Aufgabe eingespannt sind, der sie eigentlich nicht gewachsen sind“. Meldestellen, die unter dem Vorwand der vermeintlich wohlgesinnten Zivilgesellschaft gegen Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorgehen, sind nichts anderes staatlich geförderte Zensurapparate, moniert Achterberg. Es ist kaum überraschend, dass der Freiheitsindex im Jahr 2023 zeigte, dass 44 Prozent der Befragten überzeugt sind, dass es besser sei, sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig zu äussern. Im Jahr 1990 stimmten noch 78 Prozent der Aussage zu, dass man in Deutschland frei sprechen könne. Meldeportale und „vertrauenswürdige Melder“, egal wie blumig ihre Etiketten sein mögen, würden dieses Gefühl weiter befeuern.

Eine „in Deutschland vorherrschende, beklemmende Lust an der Kontrolle Anderer, eine Freude an der Denunziation, die noch vor wenigen Jahren der Vergangenheit anzugehören schien“, moniert David Boos auf Tichys Einblick. Zudem ist zu erwarten, dass innerhalb der „Trusted Flagger“ keine Binnenpluralität in dem Sinne existieren wird, dass von Sympathisanten der AfD bis zur Linken alle relevanten Parteien ihre jeweils „eigenen“ „Trusted Flagger“-Organisationen erhalten werden, prophezeit Ralf Höcker in der Jungen Freiheit. „Man muss kein Verschwörungstheoretiker und kein Hellseher sein, um zu erahnen, dass gewisse Flagger eben nicht das Prädikat ‚trusted‘ erhalten sollten.“ Der deutschen Piraten-Politikerin Anja Hirschel wird der Satz zugeschrieben: „Erlaube deiner liebsten Regierung nur das, was du auch der am schlimmsten denkbaren Regierung erlauben würdest!“

Im Widerspruch zum Grundgesetz, das festlegt, „eine Zensur findet nicht statt“, gründen die Parteigenossen Habeck und Müller eine zusätzliche Ermittlungsbehörde an den bestehenden staatlichen Behörden vorbei, befindet Nicolay. Das professionelle Schnüffeln und Ausspähen von Bürgern gegen Bürger soll hier organisiert und administriert werden. Staatsrechtliche Eingriffe in die Gewaltenteilung sind jedoch verfassungswidrig: Insofern ist eine parallele Judikativ-/Exekutivgewalt „REspect“ ein riesiger Skandal. Müller sagt, man tue das, damit der Bürger wieder „sicher“ und „fröhlich“ im Internet unterwegs sein könne. „Nun wusste ich bislang nicht, dass die Absicherung meines persönlichen Gemütszustandes bei Nutzung digitaler Datenwege inzwischen ein Regierungsauftrag ist. Die Sicherung der allabendlichen Nachhausewege von Frauen in Bussen und Bahnen wäre in meinen Augen zudem ein weit dringenderer Auftrag an die Staatsgewalt, als die Frage, ob man mich vor legalen Inhalten im Netz beschützen müsste, die ich mit einem Mausklick wegschalten kann“, so Birgit Kelle auf Nius.

„polit-puritanische Rechthaberei“

Der Staat baue sich, grimmt Kelle weiter, „ein System von abhängigen und beauftragten, willigen Erledigern, die ihnen die Drecksarbeit abnehmen und ihnen helfen, jene Kritiker kaltzustellen, denen man mit anderen Mitteln nicht beikommt.“ Gleichzeitig behaupte die Regierung, keine Zensur auszuüben. Das sei richtig, schreibt Kelle. Man lasse es andere tun, fügt sie hinzu. Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sprach im Cicero von einer „grünen Zensuranstalt, die den Meinungskorridor einseitig einschränkt“, ja einem „direkten Angriff auf die freie Rede. Und das darf niemand schulterzuckend hinnehmen … Wenn Teile unserer Koalitionspartner sich auf der anderen Seite positionieren, ist das vielsagend und aus meiner Sicht sogar gefährlich.“ Er hält, diesmal in BILD, die Beauftragung eines „privaten Dritten, der über ein zentrales Element unserer freiheitlichen Demokratie richten soll, für unerträglich. Robert Habeck, der ja auch schon wegen Nichtigkeiten nach staatlicher Verfolgung von Meinungsäußerungen rief, sollte dringend der deutschen Öffentlichkeit erklären, dass er seine nachgeordnete Behörde an die Kette legt und hier kein eigener grüner Rechtskreis geschaffen wird“.

Aktuell streben übrigens elf weitere Organisationen danach, „Trusted Flagger“ zu werden. Beim Aufspüren von „Hass und Hetze“ dürfte es nicht bleiben, meint Nicolay. Aber weder die Definitionsmacht über inkriminierende Inhalte noch die Ahndung von angeblichem Missverhalten obliegen einer künstlich aus der Taufe gehobenen Institution: „Es ist ungeheuerlich, was hier stattfindet: offener Verfassungsbruch unter den Fittichen eines Bundesministers.“ Wenn meinungsfreiheitlich gedeckte „Frechheiten“ pauschal und inkriminierend als „Hass und Hetze“ gebrandmarkt werden, lässt das eine riesige Ermessensgrauzone entstehen, in der auch unbedenkliche, demokratische, aber unbequeme Äußerungen massenhaft versenkt werden können. „REspect“ ist die „aufgepfropfte Regulierungsbehörde einer denkenden Gesellschaft, die aufhören soll zu motzen, zu tadeln, sich lustig zu machen. Sie droht, ein zusätzliches Instrument politischen Kontrollwahns und polit-puritanischer Rechthaberei zu werden.“

Es verböten sich Vergleiche mit einer etwaigen DDR 2.0, denn das wäre untertrieben. Die TrustedFlagger der Stasi hätten damals weit weniger technische Hilfsmittel und Optionen zur Hand gehabt als wir heute im Jahr 2024 auch mithilfe von KI-Tools: „Erich Honecker würde eher weinen vor Freude, hätte er bereits damals die Instrumente bei der Hand gehabt, die man heute nutzen kann, um Menschen öffentlich kaltzustellen“, so Kelle. Monika Maron gab in der WELT ihrer tiefen Entfremdung Raum: „Überhaupt gibt es so vieles, was mich fassungslos macht, diese neuen ‚Meldestellen‘ zum Beispiel, wo man Leute anzeigen kann, die irgendetwas ‚unterhalb der Strafbarkeitsschwelle‘ gesagt oder getan haben. Was denken Sie, woran mich das erinnert?“ Das „System BRD“, also die (Alt-)Parteien-Postdemokratie, zeige „erhebliche Schwächen und Verfallserscheinungen, die denen der DDR-Spätphase nicht unähnlich sind“, erkennt auch Florian Sander in Freilich. „Wer spürt, dass er bald nichts mehr zu melden hat, errichtet noch rasch jede Menge Meldestellen … Die Ampel will dem betreuten Denken das überwachte Sprechen zur Seite stellen“, befindet Alexander Kissler auf X.

In dieselbe Richtung marschiert übrigens auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB): Mit der Einrichtung eines sogenannten „Safe Sport Code“ will der Dachverband des deutschen Sports erstmals die verbandsrechtliche Grundlage schaffen, „um interpersonale Gewalt im Sport auch unterhalb der Strafrechtsschwellerechtssicher ahnden und sanktionieren zu können“, so der DOSB Ende Oktober  gegenüber dpa. Rechtssicher unterhalb der Strafrechtsschwelle? Aha. „Wir wollen mit dem Safe Sport Code einen Wandel einleiten, indem wir Vertrauen schaffen, indem wir im Sport eine Kultur des Hinsehens und des Handelns stärken und dabei kann der Safe Sport Code helfen“, erklärt DOSB-Präsident Thomas Weikert. Aus Studien sei bekannt, dass interpersonale Gewalt im Sport „meistens unterhalb der Strafbarkeitsgrenze des Strafrechts“ liege, beispielsweise in Form rein schikanöser Trainingsanweisungen oder sexistischer Äußerungen, so der DOSB. Durch den Safe Sport Code, der im Dezember auf der DOSB-Mitgliederversammlung verabschiedet werden soll, könne gegen diese Fälle vorgegangen werden, beispielsweise durch einen Lizenzentzug, einem Ausschluss aus der Organisation oder finanzielle Strafen. Das ist kein Witz.

„ein Exempel statuieren“

Ahmad Gaafar, seit 2021 Chef von „REspect“, steht inzwischen wegen eines Fotos auf seinem Facebook-Profil in der Kritik. Darauf posiert er mit dem bekannten britischen Bischof Justin Welby und dem ägyptischen Großimam Ahmed el-Tayeb – als Scheich der Azhar-Universität eine Autorität des sunnitischen Islams, der aber in der Vergangenheit Selbstmordanschläge der Hamas gerechtfertigt hat. Bei der Meldestelle als Teil des Demokratiezentrums Baden-Württemberg war Gaafar auch bis 2023 Leiter der „Fachstelle PREvention – Prävention von religiösen Extremismus“. Vor vier Jahren schrieb er, selbst Al-Azhar-Absolvent, für den sunnitischen Islam die bedeutendste Institution weltweit, in einer Analyse („Hate-Speech in Zeiten von Corona“), dass Hatespeech ein „dehnbarer Begriff“ sei. Noch im  Juni wurde er von der EU-Kommission eingeladen zu dem Treffen „Vorbeugung und Bekämpfung von anti-muslimischer Hasskriminalität in der EU“ – gemeinsam mit dem belgischen CIIB („Kollektiv gegen Islamophobie in Belgien“) sowie dem „European Network Against Racism“ (ENAR); zwei Organisationen mit am Tisch saßen, die bereits seit Jahren im Verdacht stehen, der islamistischen Muslimbruderschaft nahe zustehen.

Warum sich ein Anti-Hass-Experte mit möglichen Muslimbrüder-Akteuren an einen Tisch setzt, wollte NIUS von Gaafar wissen, erhielt aber keine Antwort. In einem Interview mit der Ludwigsburger Kreiszeitung wurde Gaafar auf die Behauptung angesprochen, der importierte Antisemitismus sei das Hauptproblem. Er mahnte daraufhin als erstes: „Das ist eine schwierige Behauptung!“ 2021 erklärte der Islamwissenschaftler für das „Demokratiezentrum Baden Württemberg“ Begriffe aus dem islamischen Kontext in einem angelegten Glossar. So übersetzte er von „Fatwa“ als „Rechtsauskunft, die von einem muslimischen Rechtsgelehrten erteilt wird, um eine religiöse Fragestellung bzw. ein rechtliches Problem zu klären.“ Dabei sind es die Fatwas, mit denen zum Mord oder Gräueltaten an Menschen durch Islamisten aufgerufen wird – der iranische Staat etwa verurteilte Salman Rushdie 1989 zum Tode; 2022 verlor Rushdie bei einem islamistischen Attentat sein Augenlicht auf dem rechten Auge. In seinem erstellten Glossar ließ Gaafar auffällig aber einen Begriff weg: Scharia.

Ende Oktober wurde ein Beitrag von ARD alpha (2021) wieder publik, in dem Gaafar dem Reporter erklärt, wie die seit 2017 existente Meldestelle arbeitet, ihm eingegangene Meldungen am Computer zeigt: Volksverhetzung, Hetze gegen Covid-19-Impfung, Muslime als Terroristen verunglimpfend… Darauf erklärt Gaafar: „Wir haben ja ein juristisches Team, das bewerten kann, ob das strafrechtlich relevant ist oder strafrechtlich nicht relevant. Und wenn es strafrechtlich relevant ist, dann melden wir es direkt bei der Polizei oder Landeskriminalamt. (…) Wenn es nicht strafrechtlich relevant ist, dann werden wir schon einen Löschantrag beim Provider machen“ – ein Eingeständnis, dass er auch legale Inhalte löschen lassen will. Kommen BKA und Staatsanwaltschaft zu der Auffassung, dass ein Anfangsverdacht (!) vorliegt, wendet sich „REspect“ an den Plattformbetreiber, der dann gezwungen sei, „den Inhalt zu löschen oder zu begründen, warum der Beitrag online bleiben könne“. Auch das ist kein Witz.

Inzwischen wurde Müller nervös. „Wir wissen im Moment nicht, in welchem Kontext dieses Foto entstanden ist. Sollten uns begründete Zweifel an der Eignung dieses Trusted Flaggers erreichen, würden wir diese überprüfen“, rückte er in der WELT zunächst von Gaafar ab. „Die Bundesnetzagentur entfernt nach dem DSA keine Inhalte. Plattformen und Dienste behandeln gemeldete Inhalte auf Grundlage der geltenden Gesetze und ihrer Nutzungsbedingungen. Finale Entscheidung liegt wie eh und je bei den Gerichten“, schrieb er außerdem „aus gegebenem Anlass“ bei X. „Wichtig ist: Die Bundesnetzagentur ist nicht für die Entfernung von Inhalten zuständig. Ebenso nehmen Trusted Flagger keine Zensur vor“, heißt es in einer weiteren Pressemitteilung seiner Behörde. Am Ende sei die Löschung von Inhalten die Aufgabe der Plattformen, hinterher stünde der Rechtsweg frei, heißt es. Das ist blauäugig: Die Plattformen werden den Flaggern 1:1 folgen, weil der Ärger mit der Netzagentur größer ist als mit Usern, prophezeit Michael Spehr in der FAZ. Die Behörde kann Bußgelder bis zu sechs Prozent des Umsatzes einer Plattform fordern – zunächst ganz ohne Gerichtsverfahren. Dass sich Müller gerne zum „Hass und Hetze“- und Fake-News-Jäger aufspielt, zeigte er bereits Anfang des Jahres, als er hoffte, die EU-Kommission würde am Fall X „ein Exempel statuieren“.  Es kam anders: EU-Kommissar Breton wurde heftig wegen Angriffen auf die Meinungsfreiheit kritisiert und gab einen Monat später seinen Rücktritt bekannt.

„Sterbeprozess der Macht“

Doch schon im März 2024 hatte Müller in einem „beeindruckend unkritisch geführten Spiegel-Interview“, so Rosenfelder, seine Pläne offen zu Protokoll zu geben: „Aber Märkte benötigen Spielregeln und Schiedsrichter – und für den Onlinebereich gilt das besonders. … Da braucht es jemanden, der die neuen Spielregeln durchsetzt, der sie erklärt und die Bürger und Unternehmen auch berät.“ Der Staat soll der öffentlichen Auseinandersetzung die Regeln vorgeben? Das ist kein Witz. „Es sagt viel über die schwere Krise des liberalen Rechtsstaats seit der Corona-Zeit, dass diese anmaßende Ankündigung weder in der Politik noch in den Medien große Wellen schlug“, wundert sich Rosenfelder. Wohl aber noch mehr, wenn man sich die Internetseite von „REspect!“ ansieht. Da öffnet sich unter dem barschen Befehl „HETZE MELDEN!“ eine Eingabemaske für Link, Screenshot und Fallbeschreibung mit dem entlarvenden Hinweis, die Organisation wolle eben auch „Hetze, Verschwörungserzählungen und Fake News“. Das ist der schwammige Müller-Sound an der Grenze zur Beliebigkeit: „Es ist die erneute Wiederholung grüner Hybris, die sich wähnt, unfehlbar zu sein, aber krachend an der eigenen Unzulänglichkeit scheitert“, feixt Nicolay.

Wer die Definitionsmacht über diese Begriffe besitzt, kontrolliert auch den Diskurs: Das machen nicht nur autoritäre Systeme von Russland über die Türkei bis China vor, die sich bei der Bekämpfung von Kritik genau dieser Vokabeln bedienen. Das zeigt sich immer öfter auch in Deutschland, seit der Bundesverfassungsschutz unter dem Label „Delegitimierung des Staates“ auch fundamental-regierungskritische Positionen erfasst, gegen die juristisch gar nichts einzuwenden ist und die gerade eine wehrhafte Demokratie unbedingt zulassen und ertragen muss – wir erinnern uns an die grüne Familienministerin Lisa Paus, die im Februar freimütig zugab, auch für Meinungsäußerungen „unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit“ das passende Meldeportal schaffen und gesetzliche Regelungen „anpassen“ zu wollen. „Für eine so nette, serviceorientierte und hilfsbereite Zensurmaschine fehlte selbst George Orwell die Phantasie“, bilanziert Rosenfelder.

Don Alphonso kommentiert auf X lapidar: „Farm der Tiere 2.0 trifft 1984“. „Das Konzept ist genial“, versuchte Robert von Loewenstern der Causa auf achgut eine humoristische Note abzugewinnen. „Trusted Verkehrskontrolettis, trusted Bürgerwehren, trusted Remigrators oder trusted Wähler bieten sich an. Man muss es nur zu Ende denken.“ Ein Schwarm von „Trusted Flashers“ etwa, also vertrauenswürdigen Blitzern, könnte nicht nur für mehr Verkehrssicherheit sorgen, sondern auch die kommunalen Kassen sanieren, glossiert er. „Angewandte Verkehrserziehung per Bußgeld ist bekanntlich ein Milliardengeschäft. Erfreulicher Nebeneffekt: Menschen mit einem Übermaß an Tagesfreizeit würden als ‚Volkspolizei‘ einer sinnstiftenden Beschäftigung zugeführt.“

Einen durchaus plausiblen Hintergrund der Causa entdeckte Sander bei Luhmann. Der hatte in seinem posthum erschienenen Spätwerk Die Politik der Gesellschaft die Unterscheidung zwischen Macht und Zwang benannt: „Die Polizei darf erscheinen, aber sie sollte nicht genötigt sein zuzupacken. (…) Die Macht darf sich keine erkennbare Schlappe leisten, weil dies Konsequenzen hätte, die über den Einzelfall hinausgehen. (…) Zur Politik der Macht gehört es daher auch, sich nicht allzu weit vom Gewohnten zu entfernen und das, was sowieso geschieht, als symbolische Betätigung der Macht auszuweisen.“ „Der ‚Verfassungsschutz‘ darf beobachten, aber der Staat sollte nicht genötigt sein zu verbieten“, adaptiert das Sander. Ab dem Moment, ab dem er nicht mehr nur „beobachtet“, „etikettiert“ und „diskreditiert“, sondern in dem er tatsächlich zur Tat schreitet – verbietet, beschlagnahmt, zensiert; also: Zwang anwendet – ab diesem Moment beginnt der Sterbeprozess seiner Macht. „Und ab diesem Moment beginnt die Chance systemoppositioneller Akteure, diese seine Machtlosigkeit als solche zu enttarnen, sie zu benennen und sie gegen ihn zu verwenden“. Sind das vielleicht übereilte Vorbereitungen für eine Gesinnungssäuberung, um eine aseptische Wahlkampfumgebung im September nächsten Jahres herzustellen, in der nur kuratierte Wahrheiten kursieren sollen, mutmaßt Nicolay prompt.

 „sich ins Knie zu schießen“

„Hassrede“ ist kein rechtlich relevantes Kriterium, sondern ein inhaltlich beliebig aufladbarer linker Kampfbegriff, so Höcker. Denn Hass sei ein legitimes menschliches Gefühl und kann als Motiv einer Äußerung nicht automatisch zu deren Unzulässigkeit führen. Ein „grundsätzliches verfassungsrechtliches Problem“ sieht der Hamburger Anwalt Joachim Steinhöfel in der NZZ: „Irgendeine Behörde des Bundes, die keinerlei Ermächtigungsgrundlage für ihr eigenes verfassungswidriges Tun vorweisen kann, ‚gründet‘ eine NGO oder sorgt dafür, dass sich eine solche gründet, stattet sie mit ausreichend Finanzmitteln aus, um sie dazu zu bringen, Aktivitäten zu entfalten, die massiv gegen Grundrechte verstoßen würden, wenn der Staat sie selbst ausführte“. Die zentrale Frage sei, ob der Staat Grundrechte umgehen dürfe, indem er private Unternehmen dazu bringe, Dinge zu tun, die er selbst nicht tun dürfte, so Steinhöfel. Offenbar aber war das Echo auf die Ernennung zum Trusted Flagger so überwältigend und die Helfer so zahlreich, „dass dem Portal nach 167.844 Meldungen und 89.076 Anzeigen gegen sich selbst nichts anderes zu tun blieb, als sich ins Knie zu schießen und anschließend selbst zu löschen“, schrieb der User Eddie Graf am 9. Oktober bei Facebook. „Dank geht auch raus an Uschi und ihre Kommissare und Robert und seine Kumpels. Dank euch ist das Netz nun ein klein wenig besser geworden.“

Doch nur ein klein wenig, denn die nächste Zumutung ließ nur wenige Stunden auf sich warten: Am 10. Oktober debattierte der Bundestag gerade dreißig Minuten über einen Gesetzesentwurf zur weiteren Einschränkung der Meinungsfreiheit. Justizminister Marco Buschmann (FDP) persönlich warb für den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches“, dessen – wiederum blumig verpacktes – Ziel offiziell so heißt: „Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten.“ In seiner Rede sprach Buschmann von Polizisten, Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern, die immer öfter brutaler Gewalt ausgesetzt sind. Darum sollen Gerichte die Möglichkeit bekommen, das Strafmaß zu erhöhen. Außerdem aber – und da wird es heikel – will die Bundesregierung in Buschmanns Worten jene Gewalt besonders schwer bestrafen, „deren Sozialschädlichkeit über die Schädigung des Opfers hinausgeht.“

Sozialschädlich? Das ist kein Witz, zeigt aber die Abkehr der FDP vom eigenen liberalen Anspruch. „Aus Buschmanns Volten spricht eine kollektivistische Staatsgläubigkeit, die bei Sozialisten besser aufgehoben wäre – und eine Bereitschaft zum moralischen Autoritarismus, die sprachlos macht“, erschrickt Alexander Kissler auf Nius. Im Entwurf spricht Buschmann sich zunächst selbst die Hoheit über den schillernden Begriff des Gemeinwohls zu. Dem dient besonders, wer sich etwa in der „Flüchtlingshilfe“ engagiert. Auch Berufspolitiker und Journalisten sollen sich eines erhöhten Schutzes erfreuen vor „verbalen und körperlichen Übergriffen“, vor „Angriffen sowohl physischer als auch psychischer Natur“, vor „gemeinwohlschädlichen und demokratiefeindlichen Straftaten im analogen und digitalen Raum“ – also ganz konkret auch vor heftiger Kritik durch Bürger.

„Echoraum einer abgründigen Geschichte“

Im Bundestag setzte Buschmann auf die Gemeinwohlschädlichkeit aus dem Entwurf mit der „Sozialschädlichkeit“ das nächste illiberale Wortungetüm: Die Regierung wolle jene Gewalt stärker sanktionieren, „deren Sozialschädlichkeit über die Schädigung des Opfers hinausgeht.“ Auch das ist kein Witz: „Wer derart ungebremst von Sozialschädlichkeit redet, ist kein Liberaler; er misst das Verhalten des einzelnen an der Elle der gesellschaftlichen Erwünschtheit und macht so den Staat zum Richter über das Individuum“, meint Kissler. Auf diese Weise forderte etwa die untergegangene DDR eine „Einfügung ins Kollektiv“, oder, wie das Autorenehepaar Braun immer gern kolportierte, „sich in Übereinstimmung bringen“. Der einzelne zählte, falls und sofern er sich gesellschaftlich einbrachte und der Staatsführung unterordnete. Wer unbeugsam blieb, den nannte das Ministerium für Staatssicherheit einen „Hetzer“ oder „Schädling“. „Der ‚Sozialschädling‘, den Buschmann mit seiner schrägen Rede implizit beschwört, wäre aus demokratischer Sicht ein Freiheitskämpfer, ein Bürgerrechtler, ein Liberaler reinsten Wassers und also das idealtypische Gegenbild zu Buschmann“.

Es war nun einmal die DDR, die sich vermeintliche „Sozialschädlichkeit“ zunutze machte, um ihr Unrechtssystem zu stabilisieren – und es war das sogenannte Dritte Reich, das gegen „Volksschädlinge“ vorging. Für Kissler betrat Buschmann damit „den Echoraum einer abgründigen Geschichte“. Hinter alldem steckt das linkstotalitäre Ideal einer Einheitsgesellschaft, in der der allfällige „Ruf nach mehr Zusammenhalt“ nichts anderes ist „als der Aufruf zum Gehorsam“, so Alexander Grau im Cicero. Aber eine Gesellschaft, die permanent über Zusammenhalt redet, wird ihn niemals finden, und dort, wo er nicht selbstverständlich und gelebter Alltag ist, lässt er sich auch nicht herstellen, meint er mit Blick auf das vier Jahre alte Netzwerk „Forschungsinstitut gesellschaftlicher Zusammenhalt“ (FGZ), von dem bis heute kaum jemand weiß, dessen zweite Förderperiode aber kürzlich begann und dem einschlägig bekannte „Experten“ wie Oliver Decker, Matthias Quent oder Andreas Zick angehören. Mehr noch: „Eine Gesellschaft, die allen Ernstes ein Institut zu Erforschung des gesellschaftlichen Zusammenhalts gründet, hat offensichtlich jeden gesellschaftlichen Zusammenhalt verloren.“ Denn Zusammenhalt meint Integration. Und Integration wiederum bedeutet die Herstellung einer Einheit.

Diese Einheit kann es aber nur geben, wenn ein Einheitsdenken und eine Einheitsmoral herrschen. Aber genau dieses Einheitsdenken entwickelt sich nicht organisch, sondern wird vorgegeben durch jene sozialen Milieus, die die kulturelle Deutungsmacht haben. Auch hier findet Sander eine Erklärung bei Luhmann. Die Macht des Staates liege im tatsächlichen oder fiktiven, aber auf jeden Fall über lange Zeit erfolgreich imaginierten Konsens seiner Gesellschaft: „Man war … grundsätzlich untereinander ‚koalitionsfähig‘“. Erst das Aufkommen der AfD habe einen echten, langfristig stabilen „Störfaktor“ in dieses fiktiv-konsensuale System der BRD gebracht, der die alten, vermeintlichen Gewissheiten und Sicherheiten, die alten Narrative und Frames grundlegend infrage stellt. Eine Art „paradoxer Ohnmachtskreislauf“ oder auch eine „Dialektik der Macht“ stärkt diese Partei und alle Wähler/Sympathisanten infolge des durchgesetzten Rechtsbruchs durch die Machthaber im Rahmen von Euro- und Migrationskrise, schlussfolgert Sander, was wiederum die Erosion der Macht nur noch weiter beschleunigte. „Je näher der Zusammenbruch eines Imperiums rückt, desto verrückter sind seine Gesetze“, wusste schon Marcus Tullius Cicero.

„Abgrund an juristischer Anmaßung“

Der durch die Ampelkoalition verfestigte Verbotsstaat, der Akteuren, die sich nicht strafbar gemacht haben, wegen „Meinungsdelikten“ den Mund zuhalten muss und dann auch noch in mindestens einem Fall damit vorm Bundesverwaltungsgericht scheitert, offenbart damit in eindeutiger Form eine Schwäche und eine um sich greifende Verzweiflung, die für die BRD im Grunde beispiellos ist. Kein Politiker darf die Belange eines von ihm definierten Gemeinwohls über die Rechte des Individuums stellen. Beide staatlichen Definitionsversuche – „Hass und Hetze“ und „Sozialschädlichkeit“ – offenbaren einen Abgrund an einerseits juristischer Anmaßung und andererseits politischer Angst vor Machtverlust. Wer Kritik an politischen Maßnahmen, die darauf abzielt, die Einschätzungen und die Handlungen der Kritisierten zu ändern, pauschal straffällig stellen will oder gar mit psychischem Druck übersetzt, der diese in ihrer „Handlungs- und Entschließungsfreiheit“ beeinträchtigt, hat das Wesen von Demokratie nicht verstanden.

Diese Angst erkennt Ulf Poschardt in der WELT auch bei Robert Habeck und schreibt von einer „verlorenen Diskurshoheit des grünen Milieus“. Anlass war eine schier unglaubliche Rede, die er am 17. Oktober bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hielt und in der er glaubt, „dass diese unregulierte Form von diesen sozialen Medien inzwischen nicht mehr akzeptabel ist.“ Und wenn Polarisierung „bewusst eingesetzt wird, um eine Gesellschaft zu destabilisieren, und zumindestens den Gedanken muss man zulassen in dieser Zeit, dann haben wir jeden Grund, uns politisch dagegen zu wehren und diese wehrhafte Demokratie auch bei den sozialen Medien fortzusetzen. Dafür gibt es jede Menge Möglichkeiten. Vielleicht sind sie noch nicht ausreichend, aber eine scharfe Anwendung des DSA, des Digital Services Act, ist das Mindeste, was wir in Deutschland brauchen.“ Was bedeutet „noch nicht ausreichend“? Dass Habeck sogar China als ein Regulierungsvorbild zitiert, ist bemerkenswert. „Im Wahljahr 2025 werden die Grünen in der Exekutive ihre Drohungen wahr machen und in einem Ausmaß gegen die Meinungsfreiheit losschlagen, wie wir es heute noch für unvorstellbar halten“, entsetzt sich Julian Reichelt auf X. Sie werden alles einsetzen, was sie haben. Meldestellen, Behörden, NGOs, ihre Verbündeten in Polizei und Geheimdiensten, den ganzen Apparat, mutmaßt er. „Unter sozialistischen Gesängen der Solidarität werden sie die Hölle entfesseln gegen alle, die es noch wagen, sie und ihre Politik des Niedergangs zu kritisieren. Sie werden Menschen vor Gericht stellen lassen in einem Ausmaß, wie es heute noch undenkbar ist. Sie werden dafür sorgen, dass Accounts geschlossen werden, die ihnen nicht passen. Und sie werden auf Strafverfolgung hinwirken, wo immer sie können, einfach nur um einzuschüchtern und Schrecken zu säen.“ „Wir stehen an einem kritischen Punkt in unserer digitalen Geschichte“, meint Höcker. Nicht nur der digitalen: Es geht schlicht um die bedingungs- und kritiklose Unterwerfung unter das rotgrüne Politprojekt. In einer actio-reactio-Logik folgt da auf Druck immer nur Gegendruck. Und von der Benennung als Sozialschädling bis hin zu seiner Isolation oder Internierung ist es, wie die Geschichte zeigt, nur ein kleiner Schritt.

Wenn die Tage länger und kälter werden, darf das Essen zunehmend süßer und schwerer sein. Wie man dabei trotzdem kalorienbewusst und gesund futtern kann, zeigt dieser Salat, den ich am Wochenende eher aus Verlegenheit mit Resten a la Arabica komponiert habe. Aber er ist ein Gedicht!

250 gr. Möhren

150 gr. Fenchel

100 gr. Datteln (entsteint)

1 weiße Zwiebel

1 gelber/grüner Apfel

2 Knoblauchzehen

Je 50 gr. gehackte Walnusskerne, Rosinen und Sushi-Ingwer (roher Ingwer geht sicher auch)

Nelken, Zimt, Muskat, Kurkuma, Kumin, Curry

Reisessig, Olivenöl, Zitronensaft, Maulbeersirup

Granatapfelkerne als Garnitur

Hartungs Möhrensalat

Die ersten sechs Bestandteile im Mixer fein raspeln, dann die anderen drei unterheben, mit den Gewürzen und den flüssigen Bestandteilen je nach gewünschtem Geschmack und Konsistenz vollenden, kalt stellen und vor dem Servieren mit Granatapfelkernen bestreuen.

Haushaltspolitische Grundsatzrede der AfD-Gruppe im Gemeinderat Leonberg

  • Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Cohn,werte Dezernenten und Amtsleiter,liebe Kollegen, liebe Mitbürger und, nicht zu vergessen, liebeTintenstrolche,

„Das bisschen Haushalt macht sich von allein / Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein“ hieß es vor fast 50 Jahren in einem durchaus erfolgreichen deutschen Schlager. Politisch ist gerade das Gegenteil richtig: Komme ich wochentags in den Landtag, höre ich Haushalt. Komme ich mindestens einmal wöchentlich in den Böblinger Kreistag, höre ich Haushalt. Komme ich in den Leonberger Stadtrat, höre ich, richtig, Haushalt. Ich gestehe, mein Bedarf am munteren Hin- und Herschieben von Millionen – von denen wir aber angesichts unserer Pflichtaufgaben nur ein paar Euro wirklich hin- und herschieben können – ist inzwischen gedeckt, diesen Stoßseufzer gestatte ich mir hier.

Zumal – und das dürfte jedem Kollegen nach der ausführlichen Erläuterung der Zahlen bis 2028 in der HH-Klausur klar sein – die Investitionen herunter gehen, während die Tilgung der Kredite ansteigt. Ich bin also bei den Rahmenbedingungen. Ja, in der Prognose der Steuereinnahmen und durch die einmaligen Einnahmen durch Grundstücksverkäufe besteht zunächst kein Grund zur Panik. Auch die Gewerbesteuer floss in letzter Zeit noch gut. Das ist aber für die Zukunft kein Automatismus, wie etwa – Stichwort Sindelfingen – auch die HH-Klausur des Kreistags zeigte: Hustet Daimler, ist der Landkreis Böblingen erkältet, wenn er nicht gar schon eine Lungenentzündung hat. Wir gehen also von einem starken Rückgang der Gewerbesteuern für die nächsten Jahre aus. „Wehe wehe wenn ich auf das Ende sehe“ kann ich da nur Wilhelm Busch zitieren, wenn ich miterleben muss, wie die Wirtschaft unter der jetzigen Bundes- und Landesregierung in den Abgrund gefahren wird. Dass Christian Lindner am Wochenende in einem einmaligen Anflug geistiger Klarheit wenigstens ansatzweise verstanden zu haben scheint, was das Land braucht, ist da nur ein schwacher Trost, wenn man die 18 Seiten liest – denn wie und mit wem will er seine Pläne durchsetzen?

05.11. im Stadtrat Leonberg

Denn auch das gehört für uns zu den Rahmenbedingungen: Leonberg liegt nicht auf der Insel der Glückseligkeit, losgelöst von Raum und Zeit. Nein, Leonberg liegt in einem, wie Merz und Habeck unisono einräumen, zusehends deindustrialisierten Deutschland, in dem ein mutiertes Grippevirus die schärfsten Grundrechtseinschränkungen seit 1945 rechtfertigen konnte, in dem verkleidete Männer inzwischen strafbewehrt Frauen genannt werden sollen, in dem ein paar schöne Sommertage zur schlimmsten Hitzewelle seit 125.000 Jahren hochskandalisiert werden, in dem ein Udo-Lindenberg-Song 40 Jahre nach seiner Zensur in der DDR wieder zensiert wird und in dem Migration ausschließlich als Bereicherung, nicht aber als Sicherheitsrisiko gilt. Die Aufzählung weiterer Zumutungen erspare ich uns. Wenn aber jede Kritik an diesen und anderen Zumutungen als embryonale Form des Rechtsextremismus pathologisiert und der bürgerliche Teil der Gesellschaft in eine linksideologische Geiselhaft gezwungen wird, ist sofort klar, was die Aufgabe der AfD auch im Kommunalparlament Leonberg ist.

Für die Sanierung des Hochbehälters in Warmbronn, die Modernisierungsmaßnahmen in der Strohgäuhalle oder den Austausch der Blockheizkraftwerke im Sportzentrum, um mal ein paar aktuelle Beispiele für Sachpolitik zu nennen, braucht man eigentlich nur die Standardrhetoriken zu bemühen: zu früh oder zu spät, zu teuer oder zu billig, über- oder unterdimensioniert und dergleichen Geplänkel mehr. Hier verschließt sich die AfD keiner Vorlage, die für die Kommune und alle (!) Bürger wichtig, nützlich und bezahlbar ist – und zwar völlig einerlei, von wem sie kommt. Es ist übrigens auch eins unserer Quicklearnings, dass selbst auf der Ebene einer Großen Kreisstadt Ideen deshalb nicht gemocht werden, weil man den Ideengeber nicht mag. Gut, das kennen wir zur Genüge, auch unsere Ideen werden erst Teil des legitimen politischen Diskurses, wenn sie CDU oder FDP geklaut haben. Braucht man nicht mehr ernst zu nehmen.

Anders dagegen sieht das bei allen Dingen aus, die auch nur ansatzweise nach Ideologie duften. Etwa nach parawissenschaftlicher Klimaesoterik oder nach Kuschelmuschel-Wohlfühl-Wir sind alle gleich – Geschwätz. Hier wird die AfD Rauch-, ach was sage ich, Brandmelder sein und als Korrektiv im Sinne des gesunden Menschenverstands agieren – mit diesem Slogan habe ich die Partei vor über 11 Jahren mitgegründet. Ebenfalls als aktuelles Beispiel muss hier natürlich der Hitzeaktionsplan herhalten, bei dem zwar der Ausschuss im Sinne des gesunden Menschenverstands entschied, leider nicht aber mehr der Gemeinderat. Hitzeaktionsplan! Ich frage mich, wie ich die 62 Sommer meines Lebens unbeschadet überstanden habe ohne Hitzeaktionsplan! Offenbar bin ich ein biologisches Wunder oder war das Ostklima ein gänzlich anderes!

Seit seiner Alibi-Enquetekommission zur Pseudo-Corona-Aufarbeitung ist ja eins der neuen Lieblingswörter von Sozialminister Lucha „Resilienz“. Mit dieser Klimaesoterik, die nochmal nicht die zuständige Wahrsagerin im Rathaus verantwortet, sondern die auch noch outgesourct wird, bekommt man aber keine resilienten Bürger, die in Freiheit und Selbstverantwortung individuell entscheiden, was ihnen zuträglich ist, sondern man bekommt in die Watte der Bevormundung gepackte, wohlstandsverzärtelte Weicheier. Das ist mit der AfD nicht zu machen.

Um die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde im Lot zu halten, setzen wir für die nächsten Jahre auf einen verstärkten Sparhaushalt. Die Gemeinde sollte neben ihren Pflicht- und den freiwilligen Aufgaben wie etwa das Leobad nur noch Projekte erfüllen, in die schon eine Anschubfinanzierung geflossen ist. Dass dafür ein positives Votum des Gemeinderats Grundlage ist, versteht sich von selbst. Wir werden, da nach wenigen Monaten immer noch Frischlinge, für diesen Haushalt noch keine eigenen Anträge stellen – in der Begründung zur Zustimmung oder Ablehnung der Anträge der Kollegen dürfte jedoch klar werden, wie sich die AfD positioniert und welche Prioritäten wir setzen. Prägnant zusammengefasst: Rathaus, Bildung und Wohnen.

Dass das alte Rathaus saniert, ja das neue sogar mit einem Anbau erweitert werden müsste, ist hinlänglich bekannt ebenso wie die Notwendigkeit, eine Interimsfläche anzumieten. Das Problem ist allein dadurch entstanden, dass der frühere Gemeinderat ein zu kleines Rathaus auf den Weg gebracht hat. Die Anmietung wird Kosten verursachen, die aber durch Untermieter gedeckelt werden und überdies Mehrwert schaffen können, etwa durch Platz für die Bücherei. Wir unterstützen hier die Ideen des OB zum Leocenter.

Bildung: Wir favorisieren ganz klar den Um-, Aus- oder Neubau von Kitas und Schulen! An der Bildung wird die AfD nie sparen! Nie! Das ist ein Versprechen, das ich als Lehrer und Hochschuldozent gern, ja sehr gern gebe. Wie die letzte Sitzung der Konferenz zur KiTa-Angebotsplanung ergab, schieben wir jetzt schon eine Bugwelle von Kindern vor uns her, die einen Kitaplatz benötigen. Sollten hier die ersten Klagen vor Gericht erfolgreich sein, wird es teuer für die Gemeindekasse, und das kann nicht in unserem Sinne sein. Und wie unsere Anfrage an den OB ergab, steht jetzt schon fest, dass die Schülerzahlen steigen und der Raumbedarf der Schulen schon jetzt nicht mehr ausreicht – da ist G 9 noch gar nicht eingepreist.

Und Wohnen: Wir dringen wir auf ein zügiges Herangehen bei der Erschließung der Berliner Straße sowie dem Unteren Schützenrain. Aufgrund des enormen Finanzbedarfs dieser Punkte wollen und müssen wir uns verabschieden von jeglichen ideologischen Wunschzetteln, die weder dringend noch notwendig sind – ich sage nur Fahrradwege oder Trinkbrunnen. Bis vor zwei Jahren bin ich jeden Sommer von Dresden auf die Insel Rügen geradelt – ob auf der B 97 oder dem Feldweg war mir völlig einerlei! Da bin ich einfach drauflos gefahren! Wir werden darauf achten, dass Teile des Gemeinderats nicht in Aktionismus verfallen und die Kosten explodieren lassen! Andere Baustellen wie Personalbesetzung und -fluktuation, Wirtschaftsförderung und Citymanagement, Krankenhaus, Situation der Eigenbetriebe, Verkehrskonzept und Infrastruktur, das BSZ etc. pp. haben wir auf dem Schirm und werden uns einarbeiten. Mehr zu sagen oder gar zu wiederholen, was andere schon sagten, finden wir in diesem Jahr nicht nötig, im nächsten sieht das sicher schon anders aus.

Wir danken natürlich jedem, der an der Erstellung dieses genehmigungsfähigen (!) Haushalts mitwirkte, vor allem Frau Oeffinger. Nebenbei: Mir ist bis dato unklar, womit OB Cohn so eine kluge und hübsche Kämmerin verdient hat, aber das kriege ich noch heraus. Noch zwei Schlussbemerkungen: Wer, erstens, von der „Stadt von morgen“ fabuliert, muss darauf achten, dass die morgen auch noch finanziell handlungsfähig ist! Uns wäre übrigens eine lebenswerte Stadt von heute wichtiger. Morgen sollten dann unsere Kinder und Enkel ran, damit die auch noch was zu tun haben und lernen dürfen, sich anzustrengen. Und, zweitens, merke Warren Buffett: „Spare nicht, was nach dem Ausgeben übrig bleibt, sondern gib aus, was nach dem Sparen übrig bleibt.“

Vielen Dank.

Presseecho

Als Kreis- und Stadtrat ist von mir natürlich Medienwirksamkeit erwünscht – die aber in der Regel nur nach „Skandalen“ eintritt. Anbei zwei Beispiele aus dem Oktober.

Der Gäubote befasst sich mit einer Ausschussentscheidung des Kreistags.
Die Pforzheimer Zeitung dagegen mit einer privaten Äußerung bei Facebook.

Beteiligungsprojekte, Mitmachformate – der „zufällig ausgewählte“ Bürger ist neuerdings politisch und medial sehr gefragt. Dumm nur, wenn sich die „Zufallsauswahl“ als regierungskonform entpuppt. Oder dem Zufall entsprechend nachgeholfen wird.

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

Erstmals gewinnt eine Partei eine Landtagswahl, die der politmediale Komplex nur noch mit dem Framing „gesichert rechtsextrem“ außen vorhalten kann. Doch normative Demokratie ist keine Demokratie mehr, sondern der kaum getarnte Machterhaltungsversuch offenkundig Dummer.

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

Simplifiziert bedeutet „misgendern“, eine selbstdeklarierte Transfrau einen biologischen Mann zu nennen. Der Sieg der ultima irratio über die Naturwissenschaft zeitigt auch linguistische Volten, mit denen der Staat richtig abkassieren könnte – und die Anwaltschaft der queeren Community.

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

Nach der Wahl zum Gemeinderat Leonberg hat mich die neue Kreistagsfraktion einstimmig zum 1. stellv. Fraktionsvorsitzenden gewählt.

Vielen Dank für das Vertrauen!

Vor drei Jahren gründeten Dozenten im Namen der Wissenschaftsfreiheit noch ein Netzwerk gegen Political Correctness – heute unterschreiben Dozenten im Namen der Meinungsfreiheit eine antisemitische Pro-Palästina-Erklärung. Der Wandel ist ein weiterer Sieg instrumentalisierter Linksmoral.

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

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