Feeds
Artikel
Kommentare

Herzlich willkommen!

Als AfD-Landtagsfraktionspressesprecher und Freier Journalist für konservative Medien blogge ich unregelmäßig Betrachtungen zu Interessantem und Wissenswertem aus politischer und Alltagskultur. Ich schreibe regelmäßig für „Zuerst“ und habe unter dem Titel „Negerkuss und Nazistuss“ eine eigene Kolumne beim Tumult-Blog.

Als Bildungsbürger kommentiere/rezensiere ich vielerlei kulturelle Phänomene – vom Roman über den Musikergeburtstag bis zum Regisseurstod.

Als Dozent und Mitglied im Landesfachausschuss Bildung informiere ich Sie auf meiner Webpräsenz auch über meine Aktivitäten rings um die Themenkreise Hochschule, Wissenschaft, Medien und Kultur.

Und als Mensch lasse ich Sie gern an meinen freizeitlichen Aktivitäten teilhaben, zu denen nicht zuletzt Kochen gehört 😉

Warum gerade Betrachtungen?

Ich empfinde dieses Genre – eine Meinungsdarstellungsform übrigens – als eins der zeitgemäßen schlechthin.

Eine Betrachtung soll durch Beschreibungen und Schilderungen, Vergleiche und Annäherungen bis hin zur Analyse einem Ereignis, einer Situation, einem Gegenstand oder auch einem (gesellschafts-) politischen Problem Individualität verleihen: Recherche darf in gewissem Maße substitutiert werden durch Subjektivität.

Die Betrachtung ist durchaus mit derselben eines Kunstwerks in einer Ausstellung vergleichbar: man wählt zunächst die Gesamtschau und wechselt dann zu einzelnen Aspekten.

Dabei ist dem Genre eigen, dass die Prioritäten dieser Aspekte oft im Vagen bleiben: aus der Betrachtung erwächst ein Gedanke, der das formale Ziel darstellt.

Der Gegenstand darf dabei Randerscheinung eines größeren Zusammenhangs bleiben: „die Bedeutung des Unbeachteten birgt den Kern ihrer Aussage“ (Degen 2004).

Viel Spass beim Lesen – und natürlich beim Kommentieren!

Die deutsche Ideokratie ist unterwegs in einen sanften Totalitarismus, der nicht mit Panzern, sondern mit Algorithmen, Meldeportalen und moralischer Empörung operiert. Ein Warnruf.

Originalbild des Tumultbeitrags

Mein neuer Tumult-Text, der gern verbreitet werden kann.

Wegen des Merz’schen Billiardenpakets braucht der Staat Geld – und bringt die Streichung von Feiertagen ins Spiel. Die Republik zwischen Rentenversprechen, Ritualverlust und Regierungsverdruss.

Originalbild, zitiert aus dem Tumult-Blog.

Ein neuer Tumult-Essay, der gern verbreitet werden kann.

Wir ist das Volk

„Vor allem am ethnischen Volksbegriff hat sich das westelbische Demokratieprekariat in seinem 1100seitigen AfD-Schlechtachten abgearbeitet. Das ist ahistorisch, pseudojuristisch und postsozial.“

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

Lehrer mit der „falschen“ Gesinnung? Melden! AfD? Verbieten! Muslimische Gewalt an Schulen? Lässlich. Die GEW untergräbt inzwischen die Autorität ihrer Mitglieder – und die ARD macht mit.

Carl-Bolle-Grundschule, zitiert als Originalbild bei Tumult.

Ein neuer Tumult-Essay, der gern verbreitet werden darf.

AfD-Lachen ist „Nazi“, so die FAZ. Rechte Humoristen darf man doxxen, so das ZDF. Im vergifteten politischen Diskurs feiert Jorge von Burgos’ Spaßhass fröhliche Urständ. Das ist nicht lustig.

Beitragsbild im Original von Shelley Bonus, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Ein aktueller Essay außerhalb meiner Monatskolumne, der natürlich gern verbreitet werden kann.

Er hoffe auf eine Welt, in der man leben könne, ohne sich aufs Überleben konzentrieren zu müssen, sagte Hein 2015 angesichts des Merkelschen Grenzchaos. Zehn Jahre später legt er nun sein Alterswerk vor – Roman, Historiographie, belletristische Dokumentation einer Welt, in der man überleben konnte und sich zugleich aufs Leben konzentrieren musste… all das ist das „Narrenschiff“. Und noch viel mehr. Würde er noch leben, hätte ich MRR empfohlen, als Antwort auf seine Setzung „Ich warte immer noch auf den Roman, der mir endlich die DDR erklärt“, diesen zu lesen. Auch wenn der sicher nicht die Antwort ist, die MRR gewollt hätte.

Denn zuviel formales ist auszusetzen. Der Stil ist noch sachlicher, lakonischer geworden, nur noch selten geraten Hein Sätze wie „In einem versteinerten Land kann man die Steine nicht mehr zum tanzen bringen“. Zudem beschreibt, ja behauptet er mehr, was sich eigentlich durch Dialog oder Handlung erschließen sollte. Viele Figuren – der Verleger Kaczmarek ist er offenbar selbst, die Kathinka seine verstorbene erste Frau, andere kann man nur erahnen – bleiben blass und hölzern, zudem merkt man dem Autor seine Sympathien für einige deutlich an. Und die Auswahl der literarisierten Fakten erschließt sich nicht wirklich: die Biermann – Affäre etwa fällt völlig untern Tisch.

Worum geht’s? Christoph Hein erzählt am Beispiel zweier Männer, ihrer Partnerinnen, ihrer Familien und Freunde eine Geschichte der DDR, von der Gründung der Sowjetischen Besatzungszone bis zur Friedlichen Revolution und zur Wiedervereinigung. Der Schwerpunkt liegt auf den ersten 20 Jahren, der Ära Ulbricht. Wichtige Zäsuren werden aus Sicht der Funktionsträger gespiegelt: 1953, 1956, 1961, 1968 bis zur Wende: Zum einen ist da der Ökonom Karsten Emser, lange Exilant in Moskau, nun Mitglied im Zentralkomitee der herrschenden Partei. Und dann gibt es noch den Bergbau-Ingenieur Johannes Goretzka, der in sowjetischer Kriegsgefangenschaft – im „Nationalkomitee Freies Deutschland“ – vom Nazi zum Kommunisten wurde und jetzt von einer großen Karriere im DDR-Machtapparat träumt.

Heins „Narrenschiff“

Beide Genossen – gute Fachpolitiker- sind mit verantwortlich für eine Politik, mit der freie, unabhängige Geister beständig drangsaliert und schikaniert wurden. In der Perspektive seines Romans sind Emser und Goretzka die Narren auf dem Narrenschiff. Hein sagt im MDR über den Titel seines Romans: „Es ist dieses Doppeldeutige. Es sind nicht Verbrecher, sondern Narren, was auch etwas Freundliches hat. Es erzählt von der Hoffnung dieser Leute, dass sie eine unsinnige Hoffnung hatten und scheitern mussten. Aber da schwingt noch ein bisschen Anerkennung für ihre Hoffnung mit.“

In den zentralen Lebensläufen, denen er folgt, wird zwar der ideologische Weltverbesserungsanspruch und die antifaschistische Grundhaltung des ostdeutschen Gegenmodells gegen den „Westen“ sichtbar, aber auch jener Mief und jene opportunistische Autoritätsgläubigkeit, die den Staat für viele lange zum multiplen Gefängnis machte. Fein säuberlich schildert Hein den Lauf der Dinge vom Anfang bis zum Ende, vom Einfliegen der ersten deutschen kommunistischen Führungskader aus Moskau, sobald die Schlacht um Berlin geschlagen war, bis zur Wiedervereinigung, die keine Einheit herstellte, sondern – PR-Sprech für den Beitritt – auch im Roman viele verstörte und neues Leid anrichtete: die Selbstmorde vieler restitutionsbelasteter Eigner inklusive. „Die Menschen, über die ich schreibe, so Hein in der „Berliner Zeitung“, „haben versucht, einen demokratischen, antifaschistischen Staat zu errichten. Oft recht ungebildete Leute, die eine absurde Wirtschaftspolitik betrieben (…) Es war alles absurd, es war eine Narretei.“

Mit Yvonne und Johannes Goretzka nebst Tochter Kathinka, Rita und Karsten Emser sowie dem Literaturwissenschaftler Benaja Kuckuck hat Christoph Hein ein Personal, das alle entscheidenden Etappen der DDR miterlebt und kommentiert. Sie alle versuchen letztlich, möglichst unauffällig und gleichzeitig für sie möglichst vorteilhaft durchs Leben zu kommen. Den Traum vom realen Sozialismus, der sich als besseres Gesellschaftsmodell als der Kapitalismus erweisen müsse, träumen nur wenige tatsächlich. Sie machen meist, was ihrer Meinung nach getan werden muss. So, wie die junge Witwe, die den Werbungen des um 18 Jahre älteren, kriegsversehrten Metallurgie-Experten und Funktionärs Goretzka rasch nachgibt, um sich und ihr Kind versorgt zu wissen, das sie von einem offenkundig ermordeten Juden hat. Später gibt sie dem Drängen ihres Gatten, der seine NS-Vergangenheit mit allen Mitteln verbergen möchte, nach und tritt widerstrebend der SED bei. Eine Vernunft-, aber keine Herzensentscheidung. Die sich bezahlt macht: Yvonne Goretzka bleibt nicht einfache Sekretärin, sondern macht Karriere in der Kulturverwaltung, legt sich Liebhaber zu, sammelt exzessiv Importschuhe und setzt Kummerspeck an.

Es ist genau dieses Monströse, dieses bewusst gegen sich selbst leben, um oberflächlich klarzukommen, das eine wesentliche Ursache für die vielen Deformationen im Individuellen und Familiären und die seit 1990 keimende Autoritätsablehnung ist. In diesem Fall kommt gar noch ein verstörendes weibliches Element dazu, das schon in Jurek Beckers „Amanda Herzlos“ treffend gestaltet wurde.

Aber auch Walter Ulbricht hat im Narrenschiff rasch ausgeträumt. So hält er das Land nach dem Krieg nur für überlebensfähig, wenn es Pommern und Schlesien zurückbekommt. Stalin setzt dagegen auf Polen und erteilt den Rückgabeforderungen der deutschen Genossen 1951 eine klare Absage. Auch beim jähen Ende von Ulbrichts Karriere packt Hein nach eigener Aussage verbürgtes Insiderwissen hinein: Seine Entmachtung durch Erich Honecker 1971 sei ein von Maschinenpistolen im Anschlag begleiteter erpresserischer Polit-Coup gewesen. Das war selbst mir neu. Dass die Vorsitzenden der liberalen und der Bauernpartei SED Mitglieder mit Parteiauftrag gewesen wären, stellt Hein auch als Fakten dar. Die wortreich eingeordnete Schul- Anekdote um Ulbrichts Tochter Beate halte ich für albern und unpassend.

Die Wege der Funktionäre gestalten sich unterschiedlich. Emser, der geduldete bis belächelte Abweichler, ist bis zum Ende der DDR Mitglied des Zentralkomitees. Goretzka wiederum, als Ehemann und Familienvater ein Scheusal, fällt aufgrund eigener Ansichten zur Wirtschaftspolitik bei der Partei in Ungnade. Fortan kämpft er verbittert um eine Rehabilitierung. Fast alle dieser gebrochenen Figuren weisen diese verbitterten, verhärteten Züge auf, lassen sie trotz gelegentlicher humoristischer Elemente unsympathisch erscheinen. Das trifft auch auf den Kurzauftritt von Markus Wolf zu. Es liegt eine Schwere, ja Beklemmung über den 750 Seiten, die sicher auch dieser Funktionärsdramaturgie geschuldet ist – an der allerdings die Menschen brechenden Mechanismen einer Partei hervorragend darzustellen sind, und die betreffen nicht nur die SED. Überhaupt ist sehr viel aktualisierbar aus dem Text: neben dem Parteicharakter und ihren ebenso verbohrten wie ungebildeten Funktionären auch die Gleichförmigkeit von Bildung und Wissenschaft.

Zum existentiellen Kipppunkt für beide wird die Geheimrede Chruschtschows auf dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei in der Sowjetunion, 1956, das erste Eingeständnis der Verbrechen Stalins. Sie sind fortan mit einer großen Frage konfrontiert: Wie will oder kann man noch Kommunist sein, wenn man weiß, dass im Namen dieser Ideologie furchtbare Gewalt verübt worden ist? Die Antwort bleibt offen. Der Untergang der DDR fällt für Emser und Goretzka zusammen mit Krankheit und Tod – eine symbolische Überschneidung. Oder Erlösung? Jahrzehntelang haben sich diese Männer selbst betrogen. Sie wollen nicht eingestehen, dass ihr Staat auf Lügen, Gewalt und Unfreiheit gegründet wurde. Und eben: dass auf dieser Grundlage kein Staat zu machen ist.

Der Autor 2024. Quelle: https://www.lvz.de/kultur/regional/christoph-hein-in-leipzig-ueber-literatur-machtlos-aber-nicht-ohnmaechtig-MZV2Z432ERE5RBSZENZG37LRR4.html

Die Funktionäre halten bis zum Untergang der DDR an ihren Überzeugungen fest, auch wenn zu spüren ist, dass sie mehr und mehr ins Wanken geraten. Ganz anders die nächste Generation, insbesondere Goretzkas Stieftochter Kathinka. Sie, eigentlich das Zentrum im Roman, gerät immer mehr in Distanz zur Welt ihrer Eltern. Als Schülerin spielt sie in einer Theatergruppe, die an Wolf Biermanns „berliner arbeiter- und studententheater“ aus den frühen 60er-Jahren erinnert – ein kreativer Freiraum, kurz nach seiner Gründung von der SED verboten. Später heiratet Kathinka – zum Ärger der Alten – einen Pfarrerssohn und zieht mit ihm nach Leipzig. In den späten 80er-Jahren besucht sie die Friedensgebete in der Nicolaikirche. „Das war auch etwas sehr Typisches für die DDR, dass diese erste Generation an ihren Idealen festhielt, während die Kinder und dann nochmal die Enkelkinder-Generation sich deutlicher abwandte und sehr viel kritischer als die Eltern und Großeltern die DDR betrachteten“, erzählt Christoph Hein. Das sei im ganzen Land etwas Vorherrschendes gewesen, dass die nachfolgenden Generationen sehr viel kritischer auf dieses Land blickten und sich dazu verhielten als die sogenannte Aufbau-Generation. Doch auch sie, hochgebildete promovierte Philosophin, findet sich am Ende, mit 47, arbeitslos. Sie küsst , und damit schließt sich der Rahmen des Romans, jene Postkarte, die sie als Klassenbeste mit dem ersten DDR Präsidenten Wilhelm Pieck zeigt, zerreißt sie in kleine Schnipsel und wirft sie in den Papierkorb. Aus, vorbei. Der einzige Lichtblick des Romans ist also auch keiner. Dazu passt das Cover: ein Ausschnitt aus der „Bauchbinde“ am Berliner Haus des Lehrers von Walter Womacka. Der Titel „Unser Leben“. Wenigstens steht es noch. Aber die DDR, so Heins düstere Prognose im letzten Spiegel, wird rückstandslos verschwinden.

Ich bin ein großer, ein bekennender Hein-Fan und fordere nach wie vor seine Aufnahme nicht nur in den Lehrplan Deutsch, sondern auch Geschichte. Aber dieser Text des 81jährigen – es ist vielleicht sein letzter großer – hinterlässt mich nicht wie die anderen aufgewühlt, sondern resigniert: ob der zerstörerischen Gleichartigkeit von Machtmechanismen, einerlei ob im Faschismus, Stalinismus oder Demokratismus. Um Menschen geht es nie, sondern um Ideologien, denen man sich unterwerfen soll zum Preis des persönlichen Untergangs. Das finde ich kein gutes Zeichen zumal zur Auferstehungszeit.

Die Diskussion um Triggerwarnungen ist längst zu einem festen Bestandteil des Kulturkampfs geworden. Donald Trumps Präsidentschaft nährt die Hoffnung auf ein Ende – nicht nur davon.

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

Meine Rede zum Neujahrsempfang der AfD-Gemeinderatsgruppe Leonberg am 8.03.2025!

Meine Rede solo; für mehr gern unseren YT-Kanal besuchen!

Die EU hat den Start ihrer „Entwaldungsverordnung“ verschoben. Die Galgenfrist ändert nichts am kulturellen Kahlschlag, der gedruckten Büchern den Garaus machen wird.

Meine neue Tumult-Kolumne, die gern verbreitet werden kann.

Anfang Februar veröffentlichte die FAZ ein Interview von Julia Encke mit dem Historiker Volker Weiß mit der o.g. Schlagzeile, das mich zu folgendem Leserbrief herausforderte:

Wer so einen Unsinn behauptet, mag sich gern Publizist nennen – Historiker ist er nicht. Vorab: Oswald Spengler, dem man Zeitzeugenschaft schwerlich absprechen kann, bezeichnete einst die NSDAP als „Organisation der Arbeitslosen durch die Arbeitsscheuen“. Das ist auch kein Wunder, da die Organisation aus drei Gründen attraktiv war: Sie bot Struktur und „Sinn“ in einer Zeit der Perspektivlosigkeit, daneben Kameradschaft und ein Zugehörigkeitsgefühl für sozial Ausgegrenzte, vor allem Männer, und überdies Machtgefühl durch Uniformen und Gewaltbereitschaft. Nach Kater war die NSDAP schon in ihrer Entstehungsphase eine Organisation, in der die Angehörigen der selbständigen und unselbständigen Mittelklasse eindeutig überrepräsentiert gewesen sind; wobei die unteren Schichten – Handwerker, kleine Kaufleute und Beamte – weitaus stärker vertreten waren.

Zum Grundsätzlichen in gebotener Kürze, und ich bediene mich hier gern bei Jan Fleischhauer und Michael Klonovsky: Auch Weiß scheitert an der Aufgabe, im Wort Nationalsozialismus das Wort Sozialismus unsichtbar zu machen, um es als Begriff zu retten; das funktionierte übrigens auch bei Volks-Genosse nur unzureichend: Ein Kompositum besteht aus dem Grundwort und dem Bestimmungswort, das Grundwort lautet: Sozialismus. Um es loszuwerden – und keineswegs nur, weil es bequemer ist und plastischer klingt –, hat sich die Bezeichnung „Nazis“ durchgesetzt. Bereits das 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 verkündete als Motto „Gemeinnutz vor Eigennutz“ und fordert u.a. die Verstaatlichung von Betrieben – wörtlich hieß es etwas wirr „Verstaatlichung aller (bisher) bereits vergesellschafteten (Trust) Betriebe“ –, Gewinnbeteiligung an Großbetrieben sowie eine Bodenreform. Auf einer NSDAP-Veranstaltung am 16. Februar 1923 hatte Hitler angekündigt: „Das Kapital muss Dienerin des Staates werden und nicht die Beherrscherin.“

Weiß und sein jüngstes Werk: Anlass des Interviews

In einer Rede zum 1. Mai 1927 erklärte er: „Wir sind Sozialisten, wir sind Feinde der heutigen kapitalistischen Wirtschaftsordnung für die Ausbeutung der wirtschaftlich Schwachen.” „Wir sind Sozialisten“, echote Joseph Goebbels am 16. Juli 1928 im „Angriff“ und führte aus: „Der Sozialismus ist die Befreiungslehre des Arbeitertums”, der „Aufstieg des vierten Standes und seine Einfügung in den politischen Organismus unseres Vaterlandes” sei „unlösbar mit der Brechung des gegenwärtigen Sklavenzustandes und der Wiedergewinnung der deutschen Freiheit auf das Innigste verknüpft”. In Karl Löws über zwei Millionen Mal verkauften Propagandawerk „Der verratene Sozialismus“ (erschienen 1938 im Nibelungen-Verlag) wird Hitler gefeiert als größter Sozialist aller Zeiten. Der Nibelungen-Verlag unterstand direkt dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda.

Abgesehen von diesen und weiteren Zitaten, seien Weiß und allen anderen Lechts-Rinks-Adepten nur die wichtigsten Fakten referiert: Der 1. Mai wird auch heute bis weit in linke Kreise hinein in Ehren gehalten, dabei geht seine Einrichtung als Nationalfeiertag auf die Nazis zurück. Auch der Muttertag wird unverdrossen gefeiert. Überhaupt sind wir bei der Übernahme sozialer Errungenschaften 1945 relativ großzügig verfahren, wie man bei Götz Aly in seinem Standardwerk „Hitlers Volksstaat“ nachlesen kann. Als aufrechter Antifaschist müsste man den Mietendeckel eigentlich ebenso boykottieren wie eine Reichensteuer. Die Nazis haben nicht nur die Grundzüge des Rentensystems gelegt, das dann nach dem Krieg zügig ausgebaut wurde. Auch die Ausweitung von Arbeitnehmerrechten, der Mieterschutz und die Familienförderung lagen ihnen am Herzen.

Wer weiß heute noch, dass eines der ersten NS-Gesetze die Zugriffsmöglichkeit von Gläubigern gegen Schuldner beschränkte? Mietsteigerungen waren ab sofort komplett verboten. Und als die Nazis mit Beginn des Krieges einen Kriegszuschlag auf alle Einkommen verfügten, waren die Freibeträge mit Rücksicht auf die Normalverdiener so gestaltet, dass die Erhöhung auf eine Reichensteuer hinauslief, die nur die obersten vier Prozent der Einkommensteuerpflichtigen betraf.

1934 trat im Reich der „Neue Plan“ in Kraft, der die Kontrolle des gesamten Außenhandels durch 25 nach Branchen unterschiedene „Überwachungsstellen“ anordnete. Der Staat übernahm damit das Außenhandelsmonopol und entschied über sämtliche Investitionen – und das, ohne die Unternehmen zu enteignen. Ebenfalls 1934 wurde das „Gesetz zur Ordnung der Nationalen Arbeit“ verabschiedet, dessen Inkrafttreten das Wirtschaftsleben praktisch gleichschaltete. Der Unternehmer besaß zwar innerbetrieblich uneingeschränkte Weisungsbefugnis, war jedoch an die Vorgaben eines „Treuhänders der Arbeit“ gebunden, eines Staatsbeamten, der Arbeitszeiten, Lohnhöhe und die konkrete Arbeitsgestaltung diktieren konnte. Das Gesetz stärkte zugleich die Befugnisse des Staates und schwächte die Rechte von Unternehmern und Arbeitnehmern. In einer Rede zum hundertjährigen Bestehen der deutschen Eisenbahn anno 1935 pries Hitler die Reichsbahn als „das erste ganz große sozialistische Unternehmen“ und stellte sie „den Gesichtspunkten der Vertretung reinkapitalistischer Eigeninteressen“ gegenüber.

Im Dritten Reich wurden Löhne und Preise staatlich festgelegt; seit 1936 gab es einen „Reichskommissar für die Preisbildung“. Unternehmer, die staatliche Planvorgaben missachteten, konnten sich vor dem Volksgerichtshof wiederfinden. Hitler drohte am 17. Dezember 1936 in einer Rede vor Industriellen: „Das Wort unmöglich gibt es hier nicht, ich werde nicht länger die Praxis des Kapitalismus dulden, sich Besitztitel für Bodenschätze zu verschaffen, die man dann ungenutzt liegen lässt, weil ihr Abbau nicht profitabel erscheint. Erforderlichenfalls werde ich solche Vorkommen vom Staat beschlagnahmen lassen.“ Hermann Göring sekundierte seinem Chef am 16. Juni 1937 in einer Rede vor Stahlunternehmen mit der Ankündigung, wenn sie sich weiterhin weigerten, dann „nehmen wir Ihnen das Erz ab und machen es selbst“.

Schon am 20. Februar 1937, in seiner Rede zur Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung, forderte Hitler, das Reich müsse bei der Treibstoff- und Gummiherstellung binnen zweier Jahre vom Ausland unabhängig werden: „Entweder die sogenannte freie Wirtschaft ist fähig, diese Probleme zu lösen, oder sie ist es nicht fähig, als freie Wirtschaft weiterzubestehen!“ Goebbels notierte am 16. März desselben Jahres in sein Tagebuch: „Beim Führer Mittag. Große Tischrunde: es geht mächtig gegen die sogen. Wirtschaftsführer los. Sie haben keine Ahnung von wirklicher Nationalökonomie. Sie sind dumm, egoistisch, unnational und borniert eingebildet. Sie möchten gerne den 4 Jahresplan sabotieren aus lauter Feigheit und Denkfaulheit. Aber sie müssen nun.“

Der Ökonom und Soziologe Friedrich Pollock, Mitgründer des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt am Main und als Jude 1933 in die USA emigriert, konstatierte 1941, die Funktion des Privateigentums in Deutschland habe sich grundlegend verändert, „selbst den mächtigsten Konzernen“ habe die NS-Regierung das Recht aberkannt, dort zu investieren, wo man die höchsten Profite erwarte, und die Produktion dort zu unterbrechen, wo sie unrentabel werde; gegenüber den Entscheidungen des Regimes sei „der Eigentumstitel machtlos“ geworden. Im Krieg wurde der Ton noch schärfer. In Goebbels Tagebuch heißt es unter dem 14. Februar 1942, der Führer habe erklärt, „dass die Unternehmer, die sich den von uns gegebenen Richtlinien nicht fügen wollen, ihre Betriebe zu verlieren haben, ohne Rücksicht darauf, ob sie dabei wirtschaftlich zugrunde gehen“.

Fazit: Nichts ist durchsichtiger interessengeleitet als die linke Theorie, die Nazis seien nur die Agenten des Großkapitals gewesen. In der Kriegswirtschaft war der Staatssozialismus bereits hergestellt. Um die Kapitalisten zu einfachen Volksgenossen gleichzuschalten und de facto zu enteignen, das heißt komplett der staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, fehlte allein der „Endsieg”. Betrachtet man das öffentliche Erscheinungsbild des Dritten Reichs, dann findet sich kaum ein Unterschied zu den kommunistischen Diktaturen des Ostblocks: Es gibt nur eine Partei; deren Herrschaft ist absolut, wenngleich die wirkliche Macht – bis über Leben und Tod aller – von einem kleinen Klüngel innerhalb der Parteiführung ausgeübt wird; das gesamte gesellschaftliche Leben ist nach militärischem Muster durchorganisiert, das Leben des Einzelnen desgleichen; bereits die Kinder stecken in Einheitskleidung; das Kollektiv ist absolut, der Einzelne demgegenüber nichts; eine Fülle von zentralistischen Organisationen saugt die Menschen auf und bestimmt über ihren Tagesablauf; die öffentliche Meinung ist gleichgeschaltet; rund um die Uhr läuft Propaganda, regelmäßig gibt es Massenkundgebungen und Aufmärsche, überall sieht man Fahnen, allerdings nicht die nationalen, Parolen und Uniformen. Dazu passt, dass Hitler ständig Uniform trug, wie Stalin, wie Mao, wie Pol Pot, Fidel Castro oder Kim Jong-il auch.

Denn allen Sozialisten sind drei Dinge gemeinsam. Sie verlangen das Primat des Staates gegenüber der Wirtschaft. Sie wollen die Menschen in ihrem Machtbereich sozialisieren, das heißt: dem Staat unterwerfen, entprivatisieren, entindividualisieren, zu gleichen, gehorsamen Gliedern der Gesellschaft machen; ob als Volksgemeinschaft oder die Gemeinschaft der Woken, ist einerlei. Und sie glauben, dass die Entwicklung der Gesellschaft menschlicher Planung zugänglich ist und deshalb keineswegs dem Zufall – etwa dem chaotischen Markt – überlassen werden darf. Der Wirtschaftswissenschaftler Ludwig von Mises, einer der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, der als Jude in die USA emigrierte, hat schon früh gute ökonomische Argumente für den sozialistischen Charakter der braunen Diktatur vorgetragen. Einer seiner Schüler, der Wirtschaftsprofessor Georg Reisman, führt dazu aus: „Grund der Annahme, Nazi-Deutschland sei kapitalistisch gewesen, ist die Tatsache, dass die meisten Unternehmen in Nazi-Deutschland formal in privaten Händen verblieben. Mises betont hingegen, dass das Privateigentum an den Produktionsmitteln unter den Nazis nur dem Namen nach existierte, dies Eigentum aber tatsächlich beim Staat lag. Denn der deutsche Staat, nicht der nominelle Privateigentümer, verfügte über alle wesentliche Macht an den Produktionsmitteln; der Staat bestimmte, was in welcher Menge und auf welche Art zu produzieren war und wem die Produkte zugeteilt werden sollten; er bestimmte auch, welche Preise zu verlangen, welche Gehälter zu bezahlen und welche Dividenden oder andere Einkommen den nominellen Privateigentümern zu beziehen erlaubt waren.“

Armin Mohler, der das Dritte Reich als Zeitzeuge erlebt hat, berichtet in seinem Essay „Der faschistische Stil”, wie er 1942 während seines Studiums in Berlin „gegenüber einem höheren Hochschulbeamten” den Namen Ernst Jünger erwähnt habe, woraufhin der Mann, „ein linientreuer Nationalsozialist”, ihn misstrauisch angeblickt und „mit tadelndem Unterton” gesagt habe: „Jünger ist ein Faschist!” Und sogleich als Erklärung nachschob: „Jünger kämpft nicht für sein Volk – im Kriege kämpfte er um des Kämpfens willen.” Hellhörig geworden, so Mohler, habe er in der Folgezeit festgestellt, dass die Vokabel „faschistisch” im internen Gebrauch der Nationalsozialisten der „geistige(n) Diskriminierung” diente. Faschistisch zu sein, war „undeutsch”. Es waren Nationalsozialisten, die im Juli 1934 in Wien den faschistischen Kanzler Engelbert Dollfuß ermordeten. Das hing im Wesentlichen damit zusammen, dass der Faschismus im Gegensatz zum Nationalsozialismus klerikal, international, elitär, ästhetizistisch und tatsächlich rechts war.

„Hitler ist keineswegs so leicht als extrem rechts im politischen Spektrum einzuordnen, wie viele Leute es heute zu tun gewohnt sind”, notierte Sebastian Haffner in seinen berühmten „Anmerkungen zu Hitler” (München 1977). „Er war natürlich kein Demokrat, aber er war ein Populist: ein Mann, der seine Macht auf Massen stützte, nicht auf Eliten; in gewissem Sinne ein zu absoluter Macht gelangter Volkstribun. Sein wichtigstes Herrschaftsmittel war Demagogie, und sein Herrschaftsinstrument war keine gegliederte Hierarchie, sondern ein chaotisches Bündel unkoordinierter, nur durch seine Person an der Spitze zusammengehaltener Massenorganisationen. Alles eher ‚linke‘ als ‚rechte‘ Züge.” Und zum Schluss mag Joachim C. Fest zu Wort kommen: „Der auffallendste Unterschied bleibt, dass der Nationalsozialismus sich schon im Programm unmenschlich ausnahm, während der Sozialismus in verschiedenen humanitären Maskeraden auftrat. Zu lernen ist aus dieser Erfahrung, dass alle Ideologien, was immer sie den Menschen weismachen, nie halten, was sie versprechen. Auf dem Papier wirken sie stellenweise verführerisch. Aber wer genauer hinsieht, entdeckt im Hintergrund all der idyllisch-egalitären Kulissen stets das nackte Grauen.“

Ältere Artikel »